■ Kommentar: Ungenutzte Chance
Noch 1991 hatte der damalige Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) die Situation auf dem Wohnungsmarkt als Horrorszenario geschildert: Bei angenommenen 50.000 Zuzügen jährlich und einem – in der Volkszählung 1987 ermittelten – Fehlbedarf von 145.000 Wohnungen sei ein Neubauvolumen von mindestens 30.000 Wohnungen jährlich erforderlich. Heute sind 70.000 Wohnungen in Berlin und 60.000 im näheren Umland fertig, der Run auf Berlin ist allerdings ausgeblieben.
Diese Schere ist auch der Grund für die „Entspannung“ auf dem Wohnungsmarkt. Daß von einem Ende der Wohnungsnot dabei keine Rede sein kann, liegt auf der Hand. Bezahlbarer Wohnraum ist nach wie vor Mangelware. Aber noch nie war die Situation in den vergangenen Jahren günstiger, durch eine vorausschauende Wohnungspolitik die Logik des „Schweinezyklus“ auf dem Wohnungsmarkt zu brechen. Doch dazu bedürfte es der dringenden Änderung der Förderschwerpunkte. Gerade angesichts der auslaufenden Sozialbindungen in Westberlin müßten die öffentlichen Gelder auf einen – zu reformierenden – sozialen Wohnungsbau und die Erneuerung der Gründerzeitquartiere konzentriert werden. Das Gegenteil ist allerdings der Fall. Erst vor kurzem hat sich Bausenator Klemann 840 Millionen Mark für den teuren zweiten Förderweg absegnen lassen. Mit einer solch verfehlten Förderpolitik wird die „Entspannung“ zwar nicht gefährdet, bezahlbarer Wohnraum wird dadurch aber weder erhalten noch geschaffen. Uwe Rada
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