: Rinderwahnsinn ist auf Menschen übertragbar
■ Britische Wissenschaftler mit neuer Untersuchung: Erkrankungen durch BSE beim Menschen von der bekannten Creutzfeldt-Jakob-Krankheit deutlich unterscheidbar
Dublin (taz) – Britische Wissenschaftler haben weitere konkrete Hinweise dafür gefunden, daß die bovine spongioforme Enzephalopathie (BSE), wie der Rinderwahnsinn wissenschaftlich heißt, durch Verzehr infizierter Rinderprodukte auf Menschen übertragen wird. Das berichtet das britische Wissenschaftsmagazin Nature in seiner heutigen Ausgabe.
John Collinge von der St. Mary's Medical School in London, James Ironside vom Creutzfeldt-Jakob-Zentrum in Edinburgh sowie drei KollegInnen haben die abweichende Form des Creutzfeldt-Jakob-Syndroms (CJS) untersucht, an dem in Großbritannien bereits 16 Menschen erkrankt sind. Im Gegensatz zu den bisher bekannten CJS-Formen, die ausschließlich bei Menschen zwischen 55 und 70 Jahren aufgetreten sind, liegt das durchschnittliche Alter bei der neuen Variante bei 28 Jahren. Darüber hinaus ist der Krankheitsverlauf wesentlich langwieriger. Beide Krankheiten führen zu einer schwammartigen Zersetzung des Gehirns und sind immer tödlich.
Der Streit der Biologen um die Art des BSE-Erregers wird seit Mitte der achtziger Jahre, als die Krankheit zum ersten Mal identifiziert wurde, erbittert ausgefochten. Collinge und Ironside glauben, daß es sich um ein Prion-Protein handelt. Möglicherweise besitze das Eiweiß eine winzige Nukleinsäure, die aber bei der Übertragbarkeit keine Rolle spiele. Die britischen Wissenschaftler haben nun die individuellen Prionen-Stränge untersucht und sind zu dem Ergebnis gekommen, daß sich die biochemischen Eigenschaften des Prions bei der neuen CJS-Variante erheblich von den bisher bekannten Formen unterscheiden. Dagegen gebe es starke Übereinstimmungen mit den infektiösen Prionen bei Katzen, Mäusen und Makakenaffen, die zuvor mit BSE infiziert worden waren.
Damit sei bewiesen, daß die neue CJS- Form auf den Rinderwahn zurückzuführen ist. Zwar haben viele Wissenschaftler das vermutet, seit die ersten jungen Menschen vor fünf Jahren an CJS erkrankt sind, doch der wissenschaftliche Beweis fehlte bisher. Die neue Technik könnte auch die Grundlage für einen neuen diagnostischen Test bieten. Weitere Untersuchungen sind jedoch notwendig. Der Bericht von Collinge und Ironside läßt eine Reihe von Fragen offen: Warum sind nur junge Leute von der neuen CJS-Variante betroffen? Wie weit ist BSE unter Schafen verbreitet? Ralf Sotscheck
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