: F.E.S.T. e.V. wirft das Badehandtuch
■ Das jahrelange Gerangel um das Friedrichshainer Sport- und Erholungszentrum (SEZ) läßt keinen Raum mehr für Bürgerinteressen. Verkaufsentscheidung in den nächsten Tagen
Drei Jahre lang mühte sich der „Förderverein für die Erhaltung des Sport- und Erholungszentrum als Treffpunkt“, (F.E.S.T. e.V.) redlich. Seine Mitglieder sammelten 11.816 Unterschriften für die Beibehaltung eines breiten Angebots und sozialverträglicher Preise im Falle der Privatisierung des SEZ. Debatten zur Zukunft des mittlerweile 15 Jahre alten Hauses an der Landsberger Allee wurden organisiert, ein erster Privatisierungsversuch unter dem damaligen Sportsenator Klemann zum Scheitern gebracht, der eine Übernahme des SEZ durch den „blub“- Betreiber Harald Frisch vorsah. Der Verein kümmerte sich um Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche, veranstaltete noch vor einem Jahr ein erstes Streetballturnier im SEZ, organisierte Auftritte für Kinderballettgruppen, Verkehrsschulungen für Schüler, Familienaktionstage. Der F.E.S.T. e.V. leistete Jugendarbeit im weitesten Sinne. „Wir haben bewiesen, was mit dem SEZ machbar ist und erwartet, daß bei der Vergabe des Sport- und Erholungszentrums an einen privaten Betreiber, die Interessen der Kinder und Jugendlichen, die hier im Einzugsgebiet wohnen, eine Rolle spielen werden“, so Thomas Mangoldt für den Verein.
Die Preise stiegen wie in ganz Berlin auch ohne privaten Betreiber, Konzepte, die eine Privatisierung des SEZ in Form einer landeseigenen GmbH favorisierten, verschwanden ungehört in Senatsschubladen. „Das SEZ wurde zwangsläufig weiter unwirtschaftlich geführt“, kritisiert Mangoldt, „ohne daß man der Geschäftsführung Vorwürfe machen kann. Ihr sind durch Landesgesetze die Hände gebunden.“ Mit der Rücknahme der Ausschreibung durch die Senatsfinanzverwaltung war für den Verein das Maß des Erträglichen erreicht. „Wir haben einfach keine Kraft mehr, diesen Mauscheleien etwas entgegenzusetzen.“ Natürlich könne ein privater Unternehmer das Areal an der Landsberger Allee innerhalb kürzester Zeit zu einem lukrativen Sport- und Freizeitzentrum entwickeln, schätzt Thomas Mangoldt. „Ich sehe allerdings nicht ein, warum sich Berlin so einfach aus seiner Verantwortung stehlen dürfen soll.“ Das Ganze nur kommerziell durchzuziehen, bringe dem Land vielleicht ein wenig mehr Steuereinnahmen, in der Zukunft falle die Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen der Stadt aber garantiert auf die Füße. „Soll Berlin das eben ausbaden.“ F.E.S.T. e.V. hat resigniert.
Unmut herrscht auch im SEZ und bei seinen noch 240 Mitarbeitern selbst. „Seit Januar 1991 wurde uns eine andere Trägerform in Aussicht gestellt.“ Es sei höchste Zeit, endlich eine Entscheidung zu fällen, so Geschäftsführer Hartmut Hempel. Auch er favorisiert die Privatisierung des SEZ in Form einer landeseigenen GmbH, hält diese Variante mittlerweile jedoch für aussichtslos. Die Aufhebung der Ausschreibung belege, daß der Senat selbst beim Kaufpreis noch einmal mit sich reden lasse, nur um das SEZ loszuwerden.
Mittlerweile hat Finanzsenatorin Fugmann-Heesing die Zukunft der 16 Bowlingbahnen, der mehr als tausend Quadratmeter großen Sporthallen und der drei Fitneßstudios, der 2.200 Quadratmeter umfassenden Winter-Eisbahn, der sieben Schwimmbecken und diversen Restaurants und Cafés zur Chefsache erklärt. Doch welcher der vier potentiellen Interessenten – auch Dr. Frisch ist wieder im Rennen – den Zuschlag erhält, darüber hüllt sich die Senatsfinanzverwaltung in Schweigen. Der von der Politik gesetzte Stichtag für eine neue Trägerform ist der 1. Januar kommenden Jahres. „Bereits jetzt ist allerdings absehbar, daß auch dieser Termin nicht gehalten werden kann“, so Geschäftsführer Hempel. see
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