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WühltischTriumph der Formen

■ Miederwaren bringen es an den Tag: Üppigkeit hat Konjuktur

In den sexualitätsfeindlichen 50er Jahren, so heißt es, reichte eine Reklame des Miederwarenherstellers „Triumph“ bereits aus, männliche Phantasien in Wallungen zu versetzen. Schaut man mit kühlem Blick zurück, erinnert das Ganze freilich mehr an die Anfänge der auf Stromlinienform bedachten Automobilwerbung. „Triumph Luxus-Modell Papillon, der hochtaillierte Hüfthalter von internationalem Chic aus kostbarem Zweizug-Spitzengummi bezaubert durch die vollendete Modellierung der betonten Taillen- und Hüftpartie dank seiner meisterlichen Linienführung.“

So sagte es die Sprache für den Schumi im Manne. Der Frauenkörper war demnach gar kein sexualisiertes Objekt des männlichen Blicks, sondern bloß Chassis und Projektionsfläche für die Vorstellungen vom eigenen Ersatzkörper. In diesem Sinne war die weibliche Brust schon zu Beginn des Jahrhunderts durch textile Hilfsmittel abgeflacht worden. „Die gegenwärtige Schwärmerei für schlanke, ätherische, präraphaelitische weibliche Gestalten hat auch gewissermaßen zu einer negativen Akzentuierung der Brüste geführt“, schreibt Iwan Bloch in seinem Buch „Das Sexualleben unserer Zeit“ aus dem Jahre 1909. Der Büstenhalter der 20er Jahre, bestätigt ein Ausstellungskatalog des Historischen Museums Frankfurt, war kein Büstenhalter, sondern ein „Büsten-Plattmacher“.

Diesem gewissermaßen mit der Bauhausästhetik kompatiblen Sinn für ornamentfreie Formen entsprachen natürlich nur die Figuren weniger Frauen, und so wurde „Ski“ zur „Marke für Starke“. „Allerdings“, meint dazu der Unterwäscheforscher, „wurde aus all den mit Brust und Hüften reich gesegneten Frauen auch mit dem optimalen Corselette kein Garçonne-Typ, sondern bestenfalls eine Art Walze.“

Inzwischen lehrt ein keuscher Blick in die Plakatlandschaft, daß der weibliche Busen wieder an Gewicht gewonnen hat. Hilflos schaut Kindfrau Kate Moss als Reminiszenz an die Twiggi- zeit von der Jeansreklame herab, und kleine Technomädchen scheinen zu bedauern, daß ihnen außer der Synthetikware einer Marke namens „Esprit“ nichts zum Anziehen übriggeblieben ist. Die bewährte Marke für Schlüpfer und anderes, „Triumph“, setzt derweil voll aufs Dralle. Die Zeiten geschlechtsloser Models sind dank der Traditionsfirma vorbei. Selbst die Dessous-Abteilung des Otto-Katalogs sieht den Fanzines der Sexbildfreunde aus dem Versandhaus Orlowski zum Verwechseln ähnlich, und die Werbetexter kommen gleich zur Sache. „Tierisch schön, der neue Leo-Look. Push-up-BH und String-Tanga als Set im Leopardendruck. Der BH zaubert durch weiche Einlagen und Formbügel selbst bei kleiner Oberweite ein aufregendes Dekolleté.“

Die Rückkehr des Busens ins öffentliche Bild ist ikonographisch übrigens längst nicht so eindeutig, wie es die emanzipierte Frau vermuten mag. Hinsichtlich der üppigen Bilder aus der Kinowelt rettete sich der Schriftsteller Martin Walser schon früher in eine Art bannenden Zauberspruch. „Das Konservendosenhafte Liz Taylors“, meinte Walser, „oder das Liztaylorhafte Romy Schneiders immunisiert mich vollkommen gegen den Gestütsnaturalismus Brigitte Bardots.“ Mit Hilfe solcher Techniken wird man Kate Moss und die Triumph-Frauen wohl noch eine Weile nebeneinanderhängen sehen und ertragen können. Harry Nutt

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