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Selbstverschuldetes Handytum

■ Karl-Heinz Helmschrot und Henry Arnold mit „Familienfeier“ im Grünen Salon

Die Gäste werden persönlich begrüßt. Kahlrasiert und mit Koteletten tänzelt Karl-Heinz Helmschrot durch den Grünen Salon in der Volksbühne, tuckert mit gezierter Stimme Verbindliches und verschönert die Tische – reihum und jeweils nur für einige Minuten – mit einer Kleinstgirlande. Fängt gut an, die „Familienfeier“, die der Varietékünstler Helmschrot gemeinsam mit dem Schauspieler Henry Arnold ausrichtet.

Vor vier Jahren brachten die beiden schon in der Scheinbar „Alles in Ordnung“, und das war so etwas wie der Anfang eines Konzeptvarietés in Berlin. Kein Nummernprogramm, sondern eine Geschichte, aus der sich Jonglagen, Sketche und musikalische Einlagen wie von selbst ergeben. Damals ging es überaus charmant und witzig um zwei Musiker, die zum gleichen Termin in den gleichen Raum zum Vorspielen bestellt wurden und nun auf getrennten Wegen zum Ziel zu kommen trachteten, wobei sie in die Hände eines Fitneßverrückten gerieten, eines manischen Arztes und so weiter.

In der neuen gemeinsamen Show wird Opa Tauberichs 80. Geburtstag gefeiert. Ein gewagtes Unternehmen, denn der Opa hat sich nach dem Grauen der letzten Familienfeier vor 30 Jahren schockfrosten lassen, was außer seinen Söhnen niemand weiß. In der Rahmenhandlung spielen Helmschrot und Arnold die Enkel, die sich am nächsten Morgen an die feierlichen und weniger feierlichen Ereignisse erinnern und dann in die Rolle der Söhne und anderer Verwandter schlüpfen. Eine Dramaturgie des enthüllenden Rückblicks also, und das ist nicht wirklich eine gute Idee. Denn daß zwei so tun, als müßten sie sich gegenseitig etwas ins Gedächtnis rufen, nur damit das Publikum davon erfährt, ist eine mühsame Masche, die heutzutage auch Ibsen-Stücke schwer erträglich macht. Und wenn Karl-Heinz Helmschrot und Henry Arnold, jeweils in die Enkelrollen zurückgekehrt, sich noch versichern „Ja, so war's“, macht es die Sache nicht besser.

Hinzu kommt, daß sich diese „Familienfeier“ nicht darauf konzentriert, was zwischen den einzelnen Mitgliedern passiert, sondern in erster Linie auf die Typen selbst baut, was das Ganze eben doch zum selbstverschuldeten Nummernprogramm macht. Nun gut. Neben den Enkeln Eugen und Hagen gibt es die Söhne Tauberichs, von denen einer als Knattermime auf der Freilichtbühne „Bad Wimpfingen“ Triumphe feierte, der andere in Fernsehshows miserabel jongliert. Außerdem ist da ein sächsischer Vetter, der seine Beleibtheit als Tenor zum Einsatz bringt, die amerikanische Schwiegertochter Pam, ein holländischer Cousin sowie eine Cousine mit Grasperücke, die in Schönheit macht und etliche Handys bedient.

Das Traurige an dieser Show ist, daß jede Rolle im Kern okay ist und sogar ein bißchen lustig, daß die selbstverfaßten Texte indessen ebenso erbärmlich sind wie die Dramaturgie, und so holpert und stolpert, singt, talkt und klampft alles mühsam vor sich hin, und selbst Helmschrots beliebte Pausennummer im Franz-Frosch-Kostüm kann nichts mehr überbrücken. Herr, schmeiß eine Regie vom Himmel – und einen Geschichtenschreiber hinterdrein, denn hier sind zwei, die das Varieté erneuern wollen, aber ganz allein eben doch nicht wissen, wie. Petra Kohse

Bis 11.11. und 15.–18.11. sowie im Dezember, Sa., 21 Uhr, sonst 20.30 Uhr, Grüner Salon, Volksbühne, Rosa-Luxemburg-Platz, Mitte

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