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Herzog sorgt sich um Berliner Unis

■ Uni-Präsidenten zum Gespräch eingeladen. „Kein direkter Zusammenhang“ mit Kürzungen des Senats an Hochschulen

Bundespräsident Roman Herzog wirft ein kritisches Auge auf die Berliner Hochschulpolitik. Das Bundespräsidialamt bestätigte gegenüber der taz, daß für den 17. Dezember ein Gespräch zwischen den Universitätspräsidenten und Herzogs Staatssekretär Staudacher über die desaströse Situation der Hauptstadt-Universitäten verabredet sei. Bereits im Frühjahr, als das Abgeordnetenhaus ganze Studiengänge auf verfassungswidrige Art aufhob, sei Herzog aufmerksam geworden. Es wird damit gerechnet, daß sich der Bundespräsident kritisch zum Abbau von Studienplätzen äußern wird.

Noch im April schrieb der Landesgesetzgeber die Zahl von 85.000 Studienplätzen in das Haushaltsstrukturgesetz. Sowohl interne Berechnungen in der Wissenschaftsverwaltung als auch die Unis selbst gehen allerdings davon aus, daß es mittelfristig nur mehr rund 65.000 finanzierte Studienplätze in Berlin geben wird. Nach Angaben der GEW könnten damit „nicht einmal alle Landeskinder versorgt werden“. 1992 waren es noch 115.000 Plätze für über 145.000 Studierende.

In einem vorbereitenden Schreiben an Roman Herzog schildern die drei Universitätspräsidenten Gerlach, Schumann und Meyer, daß bis zum Jahr 2003 de facto eine Universität in Berlin geschlossen werde. Die Kürzungen summierten sich zwischen 1991 und 2003 auf eine Milliarde Mark – ein Drittel des Etatpostens Wissenschaft. Diese Kürzungen „sind von den Hochschulen nicht mehr zu bewältigen“, schreiben die Uni- Chefs an den Bundespräsidenten. Ein sinnvolles Rückbauen sei wegen des „zeitlich irrealen Rahmens“ nicht möglich. Getroffen würden „insbesondere die Positionen des befristet angestellten akademischen Mittelbaus und der studentischen Hilfskräfte“.

Das Präsidialamt vermied, das mögliche Engagement Herzogs in Zusammenhang mit den jüngsten Kürzungsbeschlüssen des Senats zu bringen. „Das brächte einen falschen Zungenschlag“, hieß es, gleichwohl sei man besorgt über die Studiensituation in der Hauptstadt. Laut der gerade beschlossenen mittelfristigen Finanzplanung sollen die Unis bis 2000 erneut 150 Millionen Mark einsparen – eine „katastrophale Aussicht“, meinen die Uni-Präsidenten. Christian Füller

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