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Neue Jobs durch Klimaschutz

Wenn die Bundesregierung endlich die Kohlendioxidemissionen reduziert, können 90.000 Menschen eine Arbeit finden. Baustoffindustrie und Energieberater sprechen von Doppeldividende  ■ Von Walter Jacobs

Wuppertal (taz) – Durch eine konsequente Klimaschutzpolitik werden mehr neue Arbeitsplätze geschaffen als alte verlorengehen. Zu diesem Ergebnis kommen alle relevanten Studien, die die Beschäftigungseffekte von Klimaschutzmaßnahmen untersuchen. Eine entsprechende Auswertung hat jetzt das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie vorgelegt. Demnach weisen alle Studien, so die AutorInnen, Katrin Ostertag und Kai Schlegelmilch, in dieselbe Richtung: „Die zu erwartenden Beschäftigungseffekte sind generell positiv.“

Würde man etwa die Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2020 in Westdeutschland durch entsprechende technische und politische Vorgaben um 45 Prozent reduzieren, würden 60.000 bis 90.000 Arbeitsplätze geschaffen. Während dann die Produktion der Energieerzeuger je nach Branche um bis zu 10 Prozent schrumpfe, zähle das Baugewerbe zu den eindeutigen Gewinnern. Auch die energieintensive Stahl- und Maschinenbauindustrie werde profitieren.

„Die Gewinnerindustrien müssen sich endlich organisieren, um die Politik auf Trab zu bringen“, meint Reinard Loske vom Wuppertaler Klimainstitut. Im politischen Alltag leihe die Politik immer noch jenen zuerst ihr Ohr, die „am lautesten sind“. Das gelte auch in bezug auf das umstrittene Braunkohletagebauprojekt Garzweiler II. Loske hat früher im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium gearbeitet. Dabei wisse im Wirtschaftsministerium jeder, daß man netto mehr Beschäftigung erreichen könne, wenn man die Investitionssumme für Garzweiler II zum Stromeinsparen einsetze.

Für den Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Bauen, Agrar Umwelt, Klaus Wiesehügel, der am Freitag in Wuppertal vehement für die Einführung der Ökosteuer stritt, ist es logisch, daß sich Gewerkschafter und Klimaschützer zusammenfinden. Aber man müsse gleichzeitig sehen, daß ökologisch orientierte Gewerkschaften in vielen Betrieben in „Bedrängnis geraten“. So würden etwa die Beschäftigten in der energieintensiven Zementindustrie von den Unternehmern „gegen die Gewerkschaft in Stellung gebracht“. Wie die Lohnkosten nutzten viele Unternehmer auch die Kosten der Umweltpolitik als ein Argument in der Standortdebatte. Für Gewerkschafter und Klimaschützer gehe es gleichermaßen darum, den Beschäftigten einen Weg „aus dieser Falle“ zu weisen.

In Wuppertal waren einige VertreterInnen aus Gewinnerbranchen anwesend, die die Doppeldividende – Klimaschutz plus Arbeitsplätze – schon realisieren. Etwa Iris Schulze vom Energiedienstleister Thermoplan. Das Unternehmen, das seine Mitarbeiterzahl innerhalb der vergangenen fünf Jahre auf 101 Beschäftigte fast verdoppelt hat, plant Energiesparinvestitionen und überwacht deren Umsetzung. Kunden sind vor allem große Hotels, die von ihren hohen Energiekosten runter wollen.

Auch der Dämmstoffproduzent Klaus Zimmermann von der Ytong Holding zählt zu den Gewinnern. Mit den von Zimmermann entwickelten Hohlwärmedämmstoffen läßt sich der Heizstoffverbrauch und damit der Kohlendioxidausstoß im Vergleich zu den gemäß der Wärmeschutzverordnung von 1995 gebauten Häusern auf etwa die Hälfte reduzieren. Man hätte diese Werte auch in der Verordnung vorschreiben können. Doch da war die Natursteinlobby vor.

Daß viel mehr praktisch möglich ist, als die alten Lobbyisten und deren politische Helfer suggerieren, erlebt Iris Schulze von Thermoplan täglich. Ihr Fazit: „Man muß nur anfangen, die alten Zöpfe abzuschneiden.“

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