: Was ist eigentlich schlecht an E und U?
■ Eine groteske „Gegenbühne“-Podiumsdiskussion über E- und U-Musik
Es ist nicht zum Lachen. In einer am Mittwoch abend in der Fabrik geführten Gegenbühne-Debatte mit dem Titel „E- und U-Musik, was trennt sie denn?“ ging es hoch her. Michael Naura hielt sich ernsthaft für einen „Grenzgänger“, weil er sowohl im Radio über Jazz spricht als auch an anderer Stelle zum Thema schreibt und mit dem gutgemeinten Unternehmen „Jazz und Lyrik“ die Welt bedroht. Naura schlug bei der Kulturbehörden-Veranstaltung vor, die Musik-Sparten „E“ und „U“ durch „Oben“ und „Unten“ zu ersetzen.
Das traf Eleonore Büning von der Zeit wie ein Nagel auf den Kopf. Büning vermutete „unten“ die Musik, für die sich „Proleten“ interessieren. Der Diskussionsleiter Werner Burkhardt, Kulturkorrespondent der Süddeutschen, vermutete vage eine Utopie zur Überwindung der Begriffe in dem für ihn offensichtlich recht neuen Genre „Crossover“. Der sonst bemerkenswerte Schriftsteller Jürg Laederach fühlte sich schließlich durch die „unentwirrbare Soße“ betroffen, die in modernen Zeiten angeblich den Äther und die Ohren verstopfe.
Dieses Kuddelmuddel aus Halbverdautheiten, falschen Metaphern und viel, viel Snobismus brachten die Debattanten auf dem Podium wirklich über die Lippen. Nicht ohne eine Sorte Kulturpessimismus, der sein bekanntes Haupt immer nach der gleichen Logik erhebt: Mozart oder Duke Ellington kannten viel mehr verschiedene Akkorde als zum Beispiel die Punkband The Sex Pistols, diverse Rockbands und die meisten Interpreten spielen konnten, die in der „Shitparade“ (Naura) des ZDF aufgetreten sind. Wer aber nur wenige Akkorde beherrscht, der kann gar nicht anders, als sich und sein Instrument in den Dienst der Gleichförmigkeit zu stellen.
Nach dem Ende der gleichmachenden Gleichförmigkeit in real nicht mehr existierenden Ländern steht Gleichförmigkeit nur noch für die Angst, nicht mehr aus dem einen Klang oder dem einen Geschmack herauszukommen, weil, wo man steht und geht, der Klang und der Geschmack schon aus lauter Eigeninitiative gleich sind. Die Debattanten in der Fabrik gruben etwa nach diesem Muster ihre Angst vor der Mittelmäßigkeit aus.
Wenn es nicht gleichzeitig so bigott und so unschuldig, so ignorant und so hilflos gewesen wäre, was gesagt wurde, bliebe eigentlich nur die eine Frage übrig: Tut es eigentlich sehr weh, wenn man partout nicht herausbekommt, was an der Unterteilung wirklich schlecht zu finden ist?
Kristof Schreuf
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