: Von Headshop bis Hertie
Das Image der Hanfprodukte bewegt sich noch irgendwo zwischen Kifferambiente, Ökopflanze, Naturkostschiene und hippem Edelstoff■ Von Matthias Fink
Für die FreundInnen von Hanfprodukten bringen die flexiblen Ladenschlußzeiten neue Probleme. Wohin, wenn die Hanfjeans zu eng geworden ist, aber der Headshop schon zu hat? In die Hanf-Boutique oder ins Kaufhaus?
Bei Hanf-Marie in Prenzlauer Berg gibt es ein reichhaltiges Angebot von der Wasserpfeife bis zum Waschmittel, Literatur und Textilien. „Die Produkte sind natürlich noch sehr teuer“, erklärt Mitarbeiterin Jacqueline Schönborn, „Duschbäder kosten bei uns so um die 50 Mark.“ Die Kombination aus Hanfkultur und Öko-Produkten kommt je nach Altersstufe unterschiedlich an, weiß sie. „Erwachsene kommen rein und lächeln“, wenn sie die Wasserpfeifen sehen, Jugendliche ließen sich eher vom Reiz des „Verbotenen“ durchfluten. Auch Nahrungsmittel wie Hanföl und Hanfkörner stehen in den Regalen. „Das geht nicht so prickelnd, die Leute wissen vielfach nicht, was sie damit anfangen sollen“, bedauert die Verkäuferin. Das kann auch durchaus schwierig sein: Wenn man das Hanföl zu Hause falsch lagert, verliert es seine Qualität. Weniger empfindlich sind die Hanfhosen, die es in verschiedenen Farben und auch ungefärbt gibt, zum Einheitspreis von 179 Mark. Auch 50jährige schlüpfen gern in die Cannabis- Ware hinein. Und wenn sie schmutzig ist, kann man sie mit „Faliten bio-top“ waschen, dem neuen Waschmittel auf Hanfbasis.
Auch beim Hanf-Museum kann man verschiedene Artikel erwerben, etwa den Sativa-Schuh. Mit der Verkaufsstrategie für Hanfprodukte ist man dort generell nicht zufrieden. „Eine Hanfwerbung ist immer noch nicht da“, bedauert Eva Hodge, die beim Hanf- Museum die Öffentlichkeitsarbeit macht, „und solange bleibt er ein Nischenprodukt. Solange die Anbieter keine Werbung machen, bleiben die Produkte teuer.“
Immerhin haben große Firmen schon Hanfprodukte ins Sortiment aufgenommen, etwa Karstadt. „Aber die hängen das nicht groß raus“, klagt Hodge. „So wirbt Quelle für ein Hanfprodukt eher mit Britta Steilmann als mit dem Hanfstoff.“ Und in Berlin sei man auch noch nicht soweit wie in München, wo die Efka-Zigarettenblättchen in der U-Bahn als hanfgemacht angepriesen werden.
Eva Hodge sieht ein weiteres Indiz für größere Marktpotentiale: Schon öfter waren Besucher im Hanf-Museum und meinten über die Exponate: „Schade, daß man das nicht kaufen kann.“ So hätten sich etwa die „Fröhlichen Wanderer“, eine Seniorengruppe aus Schöneberg, geäußert.
„Erste Reformhäuser haben selbständig Hanf in ihr Angebot aufgenommen“, weiß Karl-Heinz Mickley, der mit seiner Familie vier Reformhäuser betrieben hat. Diese Geschäfte, die Mickleys nun in andere Hände gegeben haben, gehören zu den wenigen, die Hanföl führen. „Aber das Reformhauswesen insgesamt hinkt hinterher“, bedauert Mickley. „Dabei haben die Reformhäuser sich in ihrer Pionierzeit sehr um alternative Dinge wie Kleidung und Schuhe gekümmert.“
Gerade der Lebensmittelbereich ist im HanfHaus ergiebig. Speiseöl und Samen für Speiseöle gehören zu den bestverkauften Produkten im HanfHaus. Im Winter werden nun die ersten Samen aus deutschem Anbau gepreßt werden, so daß ab nächstem Jahr auch das Prinzip der kurzen Wege verwirklicht wird. „Wir haben von Anfang an gesagt: Wir machen keine Headshops. Wir wollen die 95 Prozent der Bevölkerung gewinnen, die nicht rauchen, und nicht die fünf Prozent Kiffer, die eh schon in die Hanfläden kommen.“
Für die Zukunft setzt Bröckers nicht allein auf neue Marktanteile für die bisherige Produktpalette. „Auch wenn die Umsätze sich verdoppeln und noch mal verdoppeln, sind wir noch in einer Nische.“ Wichtig sei eher, daß Hanf auch von der Großindustrie eingesetzt werde. Da gibt es Anfangserfolge. „Im neuen 7er BMW ist die Abdeckungsplatte für den Airbag aus Hanffaser.“
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