: Iranischer Monolog
■ Wo bleibt Kinkels Antwort auf die Fatwa-Drohung?
Solche Chuzpe mag man dem spröden Schwaben gar nicht zutrauen. Da fordern fanatische Mullahs die höchste Sühne für die „Söldner-Staatsanwälte“, und Bundesaußenminister Klaus Kinkel schlägt sogleich vor, statt vom „kritischen Dialog“ künftig von einer „aktiven Einwirkung“ zu sprechen. Man kann ihm zumindest zugute halten, daß er mit diesem neuen Etikett die aktuelle Entwicklung präziser benennt, als zuvor der Begriff des „kritischen Dialoges“ die deutsch-iranische Liaison zu beschreiben vermochte.
In der Tat, wir erleben eine aktive Einwirkung, eine hochaktive sogar. Wir erleben sie schon seit Jahren. Zunächst auf die Bundesregierung. Viermal ist der iranische Geheimdienstminister Fallahian beim Kanzleramt vorstellig geworden, um den „Mykonos“- Prozeß niederschlagen zu lassen.
Sodann erleben wir die vielfältigen Einwirkungen auf das Verfahren, die dem Schutz und der Deckung der Täter galten. Als vorläufigen Höhepunkt, oder sagen wir lieber Tiefpunkt, erleben wird die Morddrohung gegen die Anklagevertreter, denen im wesentlichen zu verdanken ist, daß der Mord aufgeklärt und der staatsterroristische Hintergrund dingfest gemacht wurde.
Schauen wir uns demgegenüber die aktive Einwirkung der Bundesregierung auf den Iran an. Da wäre zunächst die Einladung an Fallahian zu vermerken, die dieser erhielt, als sein Tatbeitrag schon bekannt war. Da sind die Hermes-Bürgschaften, die wiederaufgelegt wurden, und vor allem sind die vielen kritischen Worte nicht zu vergessen, die Kinkel zum kritischen Dialog in Richtung USA und in Richtung Opposition fallen ließ.
Man könnte die Bilanz der Einwirkungen unausgewogen nennen, doch es ist schlimmer. Sie ergänzen sich. Noch immer hat die Bundesregierung nicht verstanden, daß „normale Beziehungen“ zum Iran nicht dessen Staatsterrorismus widersprechen, sondern beides sich füglich ergänzt. Kinkel muß nicht gleich die diplomatischen Beziehungen abbrechen, doch es wird ein demonstratives Zeichen von ihm erwartet. Oder will er warten, bis das Gericht die Mörder auf der iranischen Regierungsbank als solche benennt? Doch welche Umschreibung des deutsch-iranischen Verhältnisses wird er dann wohl wählen? Dieter Rulff
Bericht Seite 4
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen