: Dienst unter Freunden
■ Koalition will Macht der Banken (nicht) begrenzen
Die Entpolitisierung der Gesellschaft bleibt eine Hauptaufgabe der Kohlschen Politik. Eindrucksvoll bestätigt dies der jüngste Gesetzesvorschlag aus Bonn: Unter der Überschrift „Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich/Banken“ stellte die Koalition gestern das Ergebnis einer jahrelangen Diskussion vor. Niemand hatte von der Koalition ein Gesetz erwartet, das die Macht der Banken wesentlich beschneiden würde. Doch der vorgelegte Entwurf übertrifft auch böse Ahnungen: ein Schulterschluß von Kohl, Kopper und Tietmeyer.
Was zunächst bankkritisch aus Bonn daherkam, ist tatsächlich Standortsicherung nach Kohlscher Art. Ein wenig Kosmetik für die Aufsichtsratssitzungen – künftig sollen vier Sitzungen pro Jahr vorgeschrieben werden – und für die Stimmrechte. Vorschläge zur prozentualen Beschränkung der Stimmrechte seien in der Koalition nicht konsensfähig gewesen, heißt es aus Bonn.
An den beiden zentralen Problemen, der Anhäufung von Aufsichtsratsmandaten (allein die Großbanken unterhalten über 8.000 personelle Verflechtungen) und dem Depotstimmrecht, kratzt das Gesetzesprojekt nicht. Selbst vom Abbau des industriellen Beteiligungsbesitzes der Großbanken, für den sogar Graf Lambsdorff votiert hatte, ist in dem Koalitionsentwurf keine Rede. Eine vertane Chance.
Die SPD hat einen, gemäßigt bankenkritischen, eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, der im Bundestag keine Chance haben wird. Verbraucherschützern und Bonner Opposition, Gewerkschaftern und Bankkritikern bleibt statt „Politik machen“ nur die Hoffnung auf die kommenden Bundestagswahlen.
Denn Kohl & Co. geht es in bewährter Manier nicht um das Problem als solches, sondern um das Gerede über das Problem. Das Gesetz soll als Beruhigungspille für die öffentliche Meinung dienen. Geschickt eingebaut in die allgemeine Reform von Aktienrecht und Finanzmarkt, ist das Bankenmachtgesetz ein weiterer Markstein auf der globalen Autobahn zum fitten „Finanzplatz Deutschland“ à la Kohl: Die Besitzstände der Etablierten bleiben geschont, und das notwendige Auslandskapital wird doch hinreichend angelockt. Ein Erfolg der Deutschland AG. Hermannus Pfeiffer
Bericht Seite 7
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