: Ausländerfeindlichkeit nimmt zu
■ Arbeitslosenreport 1996 zeichnet düsteres Stimmungsbild
Immer weniger Arbeitslose in Ost- und Westdeutschland glauben an einen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben. Das geht aus dem Arbeitslosenreport 1996 des Sozialwissenschaftlichen Forschungszentrums Berlin-Brandenburg und des Unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Info hervor.
Nach den gestern in Berlin vorgelegten Umfrageergebnissen halten in Westdeutschland 34 Prozent der Befragten die Chancen auf einen neuen Job für eher aussichtslos, im Osten sind es nahezu 60 Prozent.
Zunehmend „aggressiver untereinander“ seien die Reaktionen von Ost- und Westdeutschen bei der Ursachenforschung für die hohe Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern. Immer mehr Ost-Arbeitslose würden sich als Opfer der west-dominierten Vereinigungspolitik sehen. Aus Sicht der Westdeutschen dagegen hat die hohe Arbeitslosigkeit im Osten nach wie vor hauptsächlich ihre Ursache in der DDR-Mißwirtschaft.
Gestiegen ist in beiden Teilen die Ausländerfeindlichkeit. Immer häufiger werde in Ost und West Ausländern die Schuld für den Beschäftigungsmangel gegeben. In den neuen Ländern meinen dies 37 Prozent der Befragten, in den alten Ländern 35 Prozent. Vor zwei Jahren seien es noch 23 Prozent beziehungsweise 17 Prozent gewesen.
Deutlich zugenommen habe die Bereitschaft, Schwarzarbeit anzunehmen. In den alten Länder würden dies 40 Prozent der Befragten tun gegenüber etwa 27 Prozent vor zwei Jahren. Im Osten sei der Anteil deutlich von 19,4 auf 40,2 Prozent gestiegen. Den Schritt in die Selbständigkeit als ein Weg aus der Arbeitslosigkeit würden in den alten Ländern etwa 28 Prozent machen. Das sind mehr als doppelt so viele wie in den neuen Ländern.
Arbeitslosigkeit bedeute insbesondere in Ostdeutschland Arbeitslosigkeit für Frauen. Ihr Anteil betrage im Osten 64 und im Westen 44 Prozent. Auf den Druck, stärker die Rolle an Heim und Herd zu übernehmen, würden ostdeutsche Frauen derzeit noch nicht reagieren. Ihre Erwerbsneigung sei gleichbleibend hoch. Auffallend hoch sei auch der Anteil von Arbeitslosen mit abgeschlossener Berufsausbildung (Ost: 79 Prozent, West: 54 Prozent). dpa
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