■ Querspalte: Lochlos, schnurlos und fit
Man macht sich ja keine Vorstellung als Leserin oder Leser. Sie schlagen morgens einfach Ihre Zeitung auf und gehen davon aus, daß auch was drinsteht. Von vorn bis hinten, lochlos alles vollgedruckt. Aber haben Sie mal nachgedacht, welche Kunst dahintersteckt, daß alles Berichtenswerte immer in eine Zeitung paßt? Oder hat in Ihrem Blatt schon mal etwas übergelappt? Sehen Sie. Wahrlich keine leichte Mission, das Zeitungmachen.
Nehmen wir allein die Terminvorschauen, die uns Journalisten eine Institution namens „Bundespresseamt-Termindienst“ fast stündlich faxend zukommen läßt. Eine permanente Herausforderung journalistischer Entscheidungskraft. Wie schon der Name „Bundes“ sagt, handelt es sich bei den Ankündigungen um Ereignisse von, mindestens!, nationaler Bedeutung. Auch diese Woche, soviel dürfen wir hier schon verraten, wird uns Journalisten wieder vor Fragen von weltumspannender Bedeutung stellen. Schon der Wochenanfang: Montag, 11 Uhr: Pressegespräch „Erweiterter Präventionsauftrag für Berufsgenossenschaften – neue gesetzliche Grundlagen für die Unfallversicherung“, mittags: die Preisverleihung im Mal- und Schreibwettbewerb der „Dt. Post AG – Die Post hilft dem Weihnachtsmann“, abzuwägen gegen die parallel stattfindenden Symposien „Sechs Millionen Arbeitslose – mit BM Blüm“, die Tagung des „Berufsverbands dt. Psychologen – Lebensqualität im Alter“ und die „Die Türkei vor einem Wendepunkt?“.
Schon droht die nächste unbeantwortete Frage auf der Terminvorschau: „Wie gefährlich sind schnurlose Telefone?“ (Dienstag) und die Vergabe des Journalistenpreises 96 „Neue Wege in die eigenen vier Wände“ vom märkischen Presse- und Wirtschaftsclub. Zum Glück konnten wir uns am Wochenende stärken auf dem Colloquium des „Arbeitskreises Ernährungs- und Vitamininformation“ zum Thema „Lebenslang gesund und fit“ – sonst wäre das alles gar nicht zu schaffen. Man macht sich ja keine Vorstellung vom aufreibenden Journalistenberuf. Vera Gaserow
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