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■ Mit dem Geldmengenziel auf du und duEher keine Inflation

Berlin (taz) – Alle Jahre wieder kurz vor Weihnachten teilt die Bundesbank mit, wieviel Geld die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr zur Verfügung haben soll. 1997 will der Zentralbankrat das Geldmengenwachstum zwischen 3,5 und 6,5 Prozent halten. Mit diesem relativ niedrigen Wert und auch mit dem Beschluß, die Leitzinsen unverändert niedrig zu belassen, signalisiert die Bundesbank, daß sie nicht mit nennenswerter Inflation im nächsten Jahr rechnet.

Der diesjährige Beschluß enthält jedoch auch eine politische Komponente. Die Bundesbank legt nämlich voraussichtlich zum vorletzten Mal ein Geldmengenziel fest, bevor dann die künftige Europäische Zentralbank das Ruder übernimmt. Viele Beobachter erwarteten daher, daß die Bundesbank nun als Stabilitätssignal ein Geldmengenziel für den gesamten Zeitraum bis 1999 vorgeben würde. Der Zentralbankrat hat jedoch nur vage Aussagen gemacht, daß er für die kommenden zwei Jahre ein Geldmengenwachstum von fünf Prozent jährlich für angemessen halte. Möglicherweise will die Bundesbank zeigen, daß sie erst einmal abwartet, ob die Währungsunion überhaupt kommt.

Seit 1974 legt die Bundesbank einen Zielkorridor für die Geldmengenentwicklung fest. Aber nur in der Hälfte der Fälle wurde die Vorgabe auch tatsächlich eingehalten. Andere Länder ziehen ein direktes Inflationsziel der eher indirekt auf die Preise wirkenden Geldmenge vor. Doch die Bundesbank schwört auf ihre Methode – schließlich gebe der Erfolg in Form äußerst stabiler Preise ihr recht. Sie will daher durchsetzen, daß auch die künftige europäische Zentralbank mit Geldmengenzielen arbeitet.

Um die notwendige Zunahme der Geldversorgung zu berechnen, wird zum erwarteten Wirtschaftswachstum auch die unvermeidliche Teuerung und die Veränderung der Geldumlaufgeschwindigkeit hinzugerechnet. Die Notenbanker interessieren sich dabei für all das Geld, das Bürger oder Unternehmen schnell zur Hand haben und das so unmittelbaren Einfluß auf die Preise hat. Diese Geldmenge, genannt M 3, umfaßt neben Bargeld und den Guthaben auf Girokonten auch kurzfristge beziehungsweise schnell kündbare Spar- und Termineinlagen. Sie beläuft sich derzeit auf zwei Billionen Mark.

Steigt die verfügbare Geldmenge und damit die Nachfrage, steigen auch die Preise – besagt die Theorie. Um die Inflation im Keim zu ersticken, erhöht die Bundesbank dann die Zinsen, um so die Nachfrage nach Krediten zu dämpfen. Kritiker halten dagegen, daß die Geldmenge und die Preisentwicklung nicht mehr viel miteinander zu tun hätten. Tatsächlich wird in diesem Jahr der auf vier bis sieben Prozent festgelegte Zielkorridor deutlich verfehlt. Im Herbst lag die Wachstumsrate der Geldmenge bei über acht Prozent gegenüber dem Vorjahr, und dennoch verharrte die Inflationsrate auf sehr niedrigen 1,4 Prozent. Die starke Zunahme der Geldmenge M 3 hat zwei Gründe: Zum einen war die Kreditnachfrage, insbesondere der öffentlichen Hand, sehr hoch. Zum anderen haben angesichts magerer Renditen für langfristige Anlageformen viele Bürger ihr Geld nur kurzfristig geparkt. Diese Summen gehen aber in die Berechnung von M 3 ein, obwohl sie nicht die Nachfrage und damit die Inflation antreiben.

Wozu dient dann aber noch ein vorher festgelegtes Ziel für die Entwicklung der Geldmenge? „Geldmengenziele sind einem Kompaß vergleichbar, der nicht nur hilft, den Kurs zu halten“, erklärt Otmar Issing, Direktoriumsmitglied der Bundesbank, „sondern der erst recht benötigt wird, wenn es gilt, Kurskorrekturen einzuleiten.“ Nicola Liebert

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