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Leichen wechseln Front

■ Regierung in Seoul übergibt getötete nordkoreanische Soldaten an Pjöngjang

Berlin (taz) – Die U-Boot-Affäre zwischen Nord- und Süd-Korea ist beigelegt: Gestern übergab die Regierung in Seoul die Leichen der 24 Besatzungsmitglieder eines vor der Küste Süd-Koreas gestrandeten U-Bootes. Bereits einen Tag zuvor bewies Nord-Korea, daß es immer wieder für Überraschungen gut ist: Die Regierung in Pjöngjang hatte sich zum ersten Mal offiziell beim Erzfeind Süd-Korea für den Vorfall entschuldigt.

Als im September diesen Jahres ein Taxifahrer zufällig ein nordkoreanisches U-Boot am Strand der Ostküste Süd-Koreas entdeckt hatte, war Süd-Korea schockiert. Eine wochenlange Suche nach den Besatzungsmitgliedern begann. Bei Gefechten zwischen den Nord- Koreanern und Tausenden von südkoreanischen Soldaten kamen knapp zwei Dutzend Menschen ums Leben. Nur eines von 26 Besatzungsmitgliedern konnte lebend gefaßt werden. Pjöngjang machte Süd-Korea für den Vorfall verantworlich und forderte die Herausgabe der Leichen. Es war das erste Mal, daß Nord-Korea überhaupt zugab, daß es sich um ein eigenes U-Boot handelte.

Seoul verlangte eine offizielle Entschuldigung und das Versprechen, derartige Aktionen künftig zu unterlassen. Als Pjöngjang darauf nicht reagierte, brach Süd-Korea die wenigen Kontakte zum Norden ab, inklusive der ohnehin begrenzten wirtschaftlichen Beziehungen. Für Seoul hatte dieser Zwischenfall aber auch gravierende innenpolitische Konsequenzen, denn er machte die Schwächen im eigenen Sicherheitssystem deutlich. Der Verteidigungsetat wurde drastisch erhöht, und am 26. Dezember wurden Gesetze verabschiedet, die dem Geheimdienst wieder weitreichende Untersuchungsrechte geben.

Die USA versuchten die Spannungen zu entschärfen. Sie entsandten den designierten UN-Botschafter Bill Richardson im November nach Nord-Korea, um die Freilassung eines der Spionage verdächtigten Amerikaners zu bewirken. Nord-Korea ließ ihn frei. Am 9. Dezember begannen Verhandlungen zwischen hochrangigen Vertretern Nord-Koreas und der USA in New York, die zu der jetzigen Entschuldigung führten.

Jetzt kann Nord-Korea auf die notwendige Nahrungsmittelhilfe aus den USA und Südkorea sowie auf weitere Konzessionen, wie zum Beispiel die Aufhebung des Handelsembargos, hoffen. Die Affäre zeigt, wie sensibel die Beziehungen zwischen den beiden Staaten immer noch sind. Vor allem zeigt sie, daß Pjöngjang fähig ist, aus einer Krise Kapital zu schlagen. Die Bevölkerung wird von dieser Entschuldigung nichts erfahren. Auch eine schnelle Verbesserung der Beziehungen sowie verstärkte Kontakte zwischen Nord- und Süd-Korea sind nicht zu erwarten. Die Affäre hat jedoch eins bewirkt: Nord-Korea konnte seine Isolierung etwas lockern. Mark B. M. Suh

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