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■ Betr.: JubiheftOhne Audi quattro

Die Zeiten sind mild, das Klima lau: „Das neue deutsche Nachrichtenmagazin“ Focus gratuliert zweiseitig dem alten, Springer auch. Helmut Markwort hat es aber auch gut: Nie schreibt er seine krausen Selbstauskünfte in der albernen dritten Person, und sein Blatt ist zwar läppisch, aber wenigstens kein Mythos. Denn so ein Mythos kann dermaßen unsympathisch machen. Beispiel Selbstüberschätzung: „Herr Dahrendorf, die Bundesrepublik wird bald ein halbes Jahrhundert, der Spiegel ist es schon. Haben beide ihre Aufgaben gut gemacht?“ Beispiel Ranschmeiße: Flicks Chefgeldverschieber von Brauchitsch darf im Jubiläumsheft über Wirtschaft und Politik orakeln, beim Kanzler hat man um Glückwünsche gebuhlt. Was, haben wir uns gefragt, will der Spiegel eigentlich noch? Beispiel Wiederholung: Die Abstände, in denen der Spiegel zu jeder Augstein-Feier, Chefredakteursinauguration und Unternehmensfeierlichkeit die Gründungsmythen perpetuiert, läßt uns ernsthaft um die Zukunft des Blattes fürchten. Wissen wir doch: So was dient stets der Selbststütze in trüben Tagen. Oder plant man an der Hamburger Brandswiete etwa ein Periodikum für die Geschichten des Herausgebers bei Briten (Lizenz), Bonnern (Affären), Bayern (Affäre) und Russen (Kreml-Verbeugungen)? Allein, was nach den großen Tagen noch kommen soll, das fehlt im Jubiläumsheft. Es fehlt auch das schönste Zitat von Chefredakteur Aust („Sie wissen doch, daß ich keine Gefühle habe“) und die niedrigste Auflage seit der Vereinigung (eben gemeldet). Schön ist, wie immer, ein Blick auf die Anzeigen. Was haben sich die „Kreativen“ für Mühe gegeben, irgend etwas Spiegel-spezifisches zu ersinnen. „50 Jahre nicht vom Weg abgekommen – und das ohne quattro“, staunt Audi. Ganz am Ende steht, wie es sich gehört, ein Dank. Und die Itzhehoher Gruner + Jahr-Druckerei hat sogar umsonst gedruckt, wo der Spiegel doch im Alltag durch eine Art Knebelvertrag an die Drucker des Miteigners G+J gebunden ist – was Spiegel-Chef Aust regelmäßig erzürnen läßt. Solche Probleme gab es vor 50 Jahren noch nicht. Da wurde der Spiegel bei der Verlagsgesellschaft Land und Garten gedruckt.Lutz Meier

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