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Die besten Asylchancen haben Islamisten

■ Ein politischer Flüchtling muß nachweisen, daß er vom Staat verfolgt wird

Asylsuchende aus Algerien haben in Deutschland schlechte Chancen: Die Anerkennungsquote liegt weit unter einem Prozent. Nach Angaben des Flüchtlingsrates Nordrhein- Westfalen wurde in Deutschland allein im Jahr 1995 über 3.128 Asylanträge von Algeriern entschieden – in nur 39 Fällen positiv.

Der Grund: Wer hierzulande als politischer Flüchtling anerkannt werden will, muß nachweisen, daß er in seiner Heimat von staatlicher Seite verfolgt wird. Wer sich, wie viele Flüchtlinge aus Algerien, auf einer Abschußliste oppositioneller Organisationen wähnt – beispielsweise der Bewaffneten Islamischen Gruppen (GIA) – fällt durch dieses Raster. Die deutschen Behörden berufen sich bei dieser Praxis auf eine Auslegung der Genfer Flüchtlingskonvention aus dem Jahr 1951.

Eindeutig vom algerischen Staat verfolgt werden vor allem Islamisten. So konnten führende Vertreter der Islamischen Heilsfront (FIS) erfolgreich in Deutschland um Asyl nachsuchen. Der FIS-Auslandssprecher Rabah Kebir lebt seit 1992 mit seiner Familie bei Köln. Algerier, die sich in ihrer Heimat von seiner Organisation bedroht fühlen, landen dagegen häufig in Abschiebehaft.

Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international (ai) kritisieren diese Praxis als von „Unkenntnis der Lage in Algerien geprägt“. Zwar sei der algerische Staat nicht direkt für die Verfolgung kritischer Intellektueller durch militante Islamisten verantwortlich, jedoch unternehme er häufig auch nichts, um Bedrohte zu schützen. Die Staatsführung verweigere gefährdeten Schriftstellern und Journalisten in vielen Fällen dringend benötigten Personenschutz – nach Ansicht von ai ein Asylgrund. Doch von algerischen Flüchtlingen angerufene deutsche Gerichte haben sich dieser Ansicht bisher in nur ganz wenigen Einzelfällen angeschlossen. Thomas Dreger

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