piwik no script img

Kreative Polizisten

■ Jubel zur Halbzeit des Versuchs „selbstverwaltete Reviere“

„Ich glaube, daß wir hier die Polizei der Zukunft sehen können“, bejubelte Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) gestern das „Neue Steuerungsmodell“ (NSM) für Hamburgs Polizei. Seit Januar 1996 läuft das Pilotprojekt, in dem die Reviere Rahlstedt und Altona ihren Etat zwei Jahre lang selbst verwalten. Schon jetzt, zur Halbzeit des Versuchs, scheint für den Innensenator klar: In Zukunft sollen sich die Reviere in Eigenregie um all das kümmern, was bisher zentrale Behördenstellen koordiniert haben: von der Anschaffung des Toilettenpapiers bis hin zur Wartung des Fuhrparks. Künftig sollen die Reviere auch Reparaturaufträge vergeben.

Das habe sowohl die materielle Ausstattung der Reviere verbessert als auch deren Mitarbeiter motiviert, resümiert Wrocklage und erklärt NSM zum „zentralen Punkt der laufenden Organisationsentwicklung bei der Polizei“. Schließlich wolle man nach modernsten Grundsätzen arbeiten.

Voll des Lobes ist auch Kuno Lehmann, Leiter des „Pilotreviers“ 38 in Rahlstedt. „Es gibt keine langen Kämpfe mehr mit der Zentrale, alles geht viel schneller.“ Seit einem Jahr darf er selbständig über den Elf-Millionen-Mark-Etat seiner Wache verfügen. Allerdings besteht der größte Teil des Budgets aus festen Personalkosten, nur bei den 656.000 Mark Sachausgaben gibt es für den Polizeioberrat Gestaltungsspielraum. Trotzdem sieht Lehmann „nur Vorteile“.

„Wir konnten uns sogar drei Handies zulegen, die hätten wir nie gekriegt, wenn wir sie auf dem normalen Weg beantragt hätten“, sagt der Revierleiter. Er habe etwa fünf Prozent der Ausgaben gespart. Einen Kreativitäts- und Motivationsschub sieht Lehmann bei seinen Mitarbeitern, seit sie in einem „Haushaltsausschuß“ über den Revieretat diskutieren dürfen. Der Ausschuß entscheidet über Anschaffungen, und Ersparnisse kommen der Wache zugute. Schon jetzt fürchtet sich der Revierleiter vor einer Rückkehr zur zentralen Verwaltung: „Dann habe ich hier nur noch frustrierte und demotivierte Beamte.“ lno/taz

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen