piwik no script img

■ Die Vorschläge der Rentenkommission sind unzureichendUngedeckte Schecks

Letzte Woche war er noch stehend k.o., jetzt hat sich Norbert Blüm noch einmal aufgerafft. Allerdings braucht er Verstärkung – eine ganze Kommission von Rentenfachleuten. Die Vorschläge des Gremiums verkommen dabei zur Spielmasse im koalitionsinternen Machtkampf. Die Familienkasse – eine richtige Idee zur Finanzierung von Erziehungsleistungen – ist bislang auf ungedeckte Schecks verwiesen. So beklagt die Koalition heute ihre Fehler von gestern, als sei sie ihre eigene Opposition. Dabei hat sie im Bundeshaushalt längst ihren Offenbarungseid geleistet. So verteilt sie munter Entlastungen bei der Steuer- und Rentenreform, für es keine Gegenfinanzierung gibt. Dabei geht es um Finanzierungen, die nur ein großer Entwurf leisten kann. Aber diesen großen Wurf in Form der Ökosteuerreform verweigert sie.

Neben Kohls Finanzdrama darf aber das eigentliche Versäumnis der Kommission nicht übersehen werden. So richtig es ist, eine allmähliche Absenkung des Rentenniveaus anzustreben – das allein reicht nicht. Die Absenkung des Rentenniveaus beteiligt die RentnerInnen der kommenden 30 Jahre über eine verlangsamte Steigerung der Renten an der Neuformulierung des Generationsvertrags. Auf dem Höhepunkt des demographischen Wandels bedeutet sie eine Begrenzung der Rentenausgaben für die dann jungen Menschen. Nur: Wenn man nicht gleichzeitig Angebote für eine verbesserte Absicherung der unstetigen Arbeitsbiographien macht, ist die Botschaft an die junge Generation unbefriedigend. Sie lautet: Wir können eure Rentenbelastung nur mäßig begrenzen, und trotzdem wird für viele von euch die Rentenhöhe später nicht zum Leben ausreichen.

So ist die Kommission der eigentlichen Herausforderung ausgewichen: Wir brauchen neue Formen von Beitragszeiten. Damit die Wechselfälle des Lebens nicht mit Altersarmut bestraft werden. Wenn wir familien- und arbeitsmarktpolitisch eine Umverteilung der Erwerbsarbeit wollen, müssen wir diese auch angemessen absichern. Also Höherversicherung für Teilzeitarbeit, Anerkennung von Bildungssphasen in der Rentenberechnung und eine Ausweitung der Anerkennung von Kindererziehungszeiten. Das sind die zentralen Fragen. Die Rentenkommission hat sich ihnen verweigert. Andrea Fischer

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen