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Farbloses auf klarem Grund

■ Buchdruck-Künstler stellen im Museum der Arbeit ihre Werke aus

Vor manchen Büchern schließt man am besten die Augen. Schlägt sie auf und staunt, wie sie sich anfühlen – Pergament, Reispapier oder Pappe. Andere Bücher darf man nur mit Handschuhen anfassen, um auf den Plastikseiten keine Fettflecken zu fabrizieren. Wieder andere sind zerpflückt und wieder zusammengekleistert zu einem Haus aus geballten Schnipseln.

Sechzig Buchdruck-Künstler des Forum Book Art zeigen und verkaufen heute und morgen im Museum der Arbeit, was sie geschaffen haben. Einige vom ihnen kommen aus Hamburg, andere aus Polen, Korea oder Brasilien. Auf handgeschöpften Buchrücken überlappen chinesesische Schriftzeichen deutsche Worte, grelle Namen beißen in quietschblaue Cover. Wenn es 200 Exemplare von einem Buch gibt, ist das viel – die meisten Werke werden nur 20 oder 30 mal gedruckt.

Mitmachen darf beim Forum Book Art jeder, der etwas anderes mit Papier macht, als Brötchen drin einzupacken – Linol-Drucker wie der Hamburger Carl-Jürgen Thomfor genauso wie Gisela Reschke, die mit beiden Händen in einer Schüssel Tapetenkleister panscht. Ein paar Farbkleckse dazu, und ein Blatt Papier geht baden. Einweichen, fertig ist die Ölmarmorierung. Hübsch, erkennt Carl-Jürgen Thomfor an. Aber zu schattie-rungsreich. Dann lieber Linolschnitt: „Ich mag es, wenn man sich für schwarz oder weiß entscheiden muß.“

Darauf reduzieren sich wenige Buchkünstler. Zu groß scheint der Spaß, Stile zu mischen, um neue zu schaffen. Plastik-Kulleraugen zieren Polaroidfotos, Zeitungsausschnitte werden mit Edding bekrickelt. Vor dem Werk der Brasilianerin Betty Leirner verrenken sich Besucher die Wirbelsäule. Durchsichtige Buchstaben auf durchsichtigen Plastikseiten sind da zu sehen oder eben nicht zu sehen. Worte erkennt man nur, wenn das Licht im richtigen Winkel einfällt – den zu schaffen, obliegt der Biegsamkeit der Betrachter.

Die Kreativität der Künstler spuckt ungewohnte Berufsbezeichnungen aus. „Buntpapiererin“ nennt sich Gisela Reschke; „Lebenskünstlerin“ die Hamburgerin Anna Schönsteiner. Aber wer so originelle Bücher schafft, könnte selbst mit dem Titel „Rückenverrenkerin“ Leute in seine Ausstellung locken. Judith Weber

Heute 11-17, morgen 11-18 Uhr

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