: Britische Serbenlobby läßt Milošević fallen
■ Die National Westminster Bank stellt ihre Kooperation mit der jugoslawischen Nationalbank vorerst ein. Bei Privatisierungen aber will sie im Geschäft bleiben
Wien (taz) – Für das Regime des serbischen Präsidenten Slobodan Milošević war es ein harter Schlag: Eine der führenden Geschäftsbanken Großbritanniens, die National Westminster Bank, hat ihre Zusammenarbeit mit der Jugoslawischen Nationalbank vorübergehend auf Eis gelegt. Dadurch gerät das Belgrader Regime in ernste Schwierigkeiten bei den Verhandlungen um neue internationale Kredite und die Wiedereingliederung der serbischen Wirtschaft in Weltbank und Internationalen Währungsfonds.
Denn es war in den vergangenen Kriegsjahren ausschließlich die Westminster-Marketing- Gruppe NatWest, die trotz Embargo Finanztransaktionen zwischen serbischen Auslandsfirmen und dem Mutterland tätigte. Spätestens nach Douglas Hurds Rücktritt als britischer Außenminister im Juli 1995 und dessen „Privatreisen“ nach Belgrad als Vizevorstandschef der Westminster- Gruppe wurde klar, daß über London fast der gesamte Außenhandel Belgrads abgewickelt wurde.
Die persönlichen Beziehungen zwischen Hurd und Milošević reichen bis an den Anfang der 80er Jahre zurück, als der heutige Serbenpräsident im westlichen Ausland als einer der erfolgreichsten Manager Jugoslawiens angesehen war, der das kommunistische Regime modernisieren wollte. Über die Männerfreundschaft zwischen Hurd und Milošević wird bis heute viel gemunkelt. Fest steht jedoch, daß über den britischen Konservativen John Kennedy, der 1962 als Ivan Gvozdenovic und Sproß einer montenegrinischen Adelsfamilie in Belgrad zur Welt kam, manch dubioses Geschäft zwischen Belgrad und London abgewickelt wurde. Schon bei den britischen Wahlen 1992 flossen etwa 300.000 Mark serbischer Spenden in die Kassen der Konservativen Partei. Vor allem bosnische und kroatische Politiker behaupten, daß sich die britischen Konservativen für den Erhalt Jugoslawiens stark gemacht hätten und die Unabhängigkeitsbewegungen der Kroaten und Bosnier sabotierten.
Nach Londoner Zeitungsberichten wollen die britische Finanzwelt und die regierenden Konservativen von Milošević nichts mehr wissen. Nach einem Bericht der Sonntagszeitung Observer will die Westminster-Gruppe nur noch an „einem lukrativen Vertrag“ über die Privatisierung des Telekommunikationswesens in Serbien festhalten. Bei der Vorbereitung der Telekommunikations-Privatisierung könne die Bank etwa 16 Millionen Mark verdienen, berichtete das Blatt. Außerdem erhoffe sich die Bank eine gute Position, wenn Verträge für weitere Privatisierungsprojekte vergeben würden. Diese sollen nun über einen anderen berühmten Serben, den Prinzen Alexander Karadjordjevic, Sohn des serbischen Königs Peter II., eingefädelt werden. Der Privatbankier, der 1991 gegen die serbischen Kriegsabenteuer in Kroatien und Bosnien protestierte, stellte unlängst in einem Interview mit dem Londonder Daily Telegraph fest: „Nur wenn Milošević stürzt, findet Serbien Anschluß an Europa.“ Karl Gersuny
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