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KommentarVersteinert

■ Tränen für die Opfer, Geld für die Mörder

Erinnern wir uns: Vor wenigen Jahren hat sich der Bremer Senat eine noble Geste ausgedacht. Er lud eine große Gruppe ehemaliger Bremer JüdInnen in die Stadt ein. Aus aller Welt kamen Menschen zusammen, die ihr Leben hatten retten können. Dramatische Geschichten, die wieder aufgerührt wurden, als sie in ihre alte Heimatstadt zurückkamen. Die Einladung, mehr als fünfzig Jahre nach der Vertreibung, war ein guter, ein wichtiger Schritt. Federführend bei der Einladung war damals das Bremer Versorgungsamt.

Und nun, nun stellt sich heraus, daß sich die Spitze eben jenes Bremer Versorgungsamtes Jahr um Jahr beharrlich geweigert hat, der Frage nachzugehen, ob denn nicht möglicherweise große Nazis, braune Mordbrüder, Täter auf der Rentenliste stehen. Es stellt sich heraus, daß die Spitze eben dieses Versorgungsamtes nichts dafür getan hat, daß die eigenen Listen mit den Täterlisten abgeglichen werden.

Tränen für die Opfer, Geld für die Täter – der Leiter des Versorgungsamtes hat dafür kaum mehr als ein Schulterzucken übrig. Und der zuständige Arbeitssenator tut es ihm gleich. Wie versteinert muß man sein, um so zu sein? Und wie muß es wohl den JüdInnen gehen, die vor Jahren bei ihrem Besuch in Bremen ein Loblied auf das Versorgungsamt gesungen haben, wenn sie jetzt die Meldungen hören?

Jochen Grabler

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