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■ NachschlagWie komme ich in die US-Filmcharts? Großes Palaver im Crown Plaza

Draußen regnete es, und drinnen im Holiday Inn Crown Plaza waren die Mienen auch nicht heller. Es ging mal wieder um den europäischen Film. Der Anteil der US-Kassenschlager macht in manchen europäischen Ländern bis zu 80 Prozent des Filmangebots aus, der Marktanteil für nichtenglichsprachige Filme in den Staaten hingegen kommt selbst im besten Fall nicht über mickrige 3 Prozent hinaus. Der Grund: Synchronisierte Filme werden vom US-Kinopublikum nicht akzepiert, der Special-Interest-Videomarkt ist marginal, und untertitelte Filme sind bei den amerikanischen Fernsehstationen grundsätzlich nicht unterzukriegen. Schwierig also für Europäer, sich auf diesem Markt zu behaupten, aber nicht völlig aussichtslos, das war der Tenor der Podiumsdiskussion, zu der die europäische Filmakademie geladen hatte. Daß sich der Marktanteil der europäischen Exotikware überhaupt heben läßt, schien allen Teilnehmern von vornherein ausgeschlossen, die Debatte konzentrierte sich vielmehr auf die Frage: Wie schafft man es, zu den 3 Prozent zu gehören? So gaben die Podiumsgäste praktische Tips und machten auch ein wenig Werbung in eigener Sache: Einem Produzenten in Cannes ein Skript in die Hand zu drücken sei wenig sinnvoll, bekam man zu hören, das Zeug müßten dann hinterher die Zimmermädchen wegräumen. Besser sei es, die potentiellen Geschäftspartner auf dem Büroweg anzugehen, „aber wenn Sie kein Fax schreiben können, lassen Sie's“, ermahnte Sales-Agentin Sarah Rose streng, und unbedingt müsse man sich als Bewerber vorher über das Firmenprofil informieren, was ja dank Internet wohl kein Problem mehr sei. Während Trea Hoving, Vizepräsidentin von Miramax, Wert auf eine kurze Zusammenfassung des Filmprojekts mit detaillierter Auflistung des Budgets und der beteiligten Schauspieler legte, und „gute Fotos vom Dreh“ seien ja auch nicht übel, vertrat ihre Kollegin Christa Saredi aus Zürich die Auffassung, eine Zusammenarbeit entwickele sich „organisch“ und im Gespräch. Einig waren sich alle, daß man lieber mit dem Produzenten als dem Regisseur verhandeln wolle, und der solle bitte freundlich zu den Sekretärinnen sein und nicht mit ständigen Anrufen nerven. Gut auch, die fertigen Filme auf kanadischen Festivals zu präsentieren, wo sie von der amerikanischen Kritikerelite begutachtet würden, deren Urteile entscheidend seien, und dafür zu sorgen, daß Filmkopien griffbereit bei einem amerikanischen Repräsentanten liegen. Das Publikum nahm die Ratschläge gelassen auf und bewegte sich umgehend zum Buffet. Draußen regnete es immer noch. Daniel Bax

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