: Frieden um Freispruch
■ Verfassungsgerichtsbeschwerde um Tucholsky-Zitat abgeschmettert
Freiburg (taz) – Die Bundeswehr hat ein Nachhutgefecht verloren. Auch das Bundesverfassungsgericht wird nicht mehr am Freispruch für einen pazifistisch gesinnten Krefelder Sozialpädagogen rütteln. Dessen Autoaufkleber „Soldaten sind Mörder“ war zuletzt von allen befaßten Gerichten für straflos erklärt worden. Gegen diese Freisprüche hatte ein Marineoffizier aus Frankfurt/Oder Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Schon einmal hatten sich die roten Roben mit diesem Fall befaßt. Im August 1994 hoben sie ein Urteil des Amtsgerichts Krefeld auf, in dem der Pazifist zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Dagegen hatte der Verurteilte Verfassungsbeschwerde erhoben, weil er sich in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung beeinträchtigt fühlte. Das Bundesverfassungsgericht hatte vor gut zwei Jahren einen Freispruch zwar nicht angeordnet, aber nahegelegt.
Auch der Marineoffzier, der im Strafprozeß als Nebenkläger aufgetreten war, konnte nun den tatsächlich erfolgten und in zwei Instanzen bestätigten Freispruch nicht mehr rückgängig machen. Die mit drei Richtern besetzte Kammer ging jedoch auf die Details seiner Beschwerde gar nicht mehr ein. Sie stellte nur trocken fest: „Es gibt grundsätzlich keinen verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf Strafverfolgung eines anderen durch den Staat.“
Mit der absehbaren Ablehnung der Verfassungsbeschwerde sollte offenbar noch einmal demonstriert werden, daß Soldaten bei der jetzigen Rechtslage zuwenig Schutz genießen. Tatsächlich hatte das Verfassungsgericht aber schon in einem weiteren Beschluß vom November 1995 danach differenziert, ob mit dem Spruch „Soldaten sind Mörder“ alle Soldaten der Welt gemeint waren (das ist straflos) oder nur die Soldaten der Bundeswehr angegriffen werden sollten (was schon jetzt strafbar ist).
Die Karlsruher Verfassungsrichter meinten damals, daß der Krefelder Pädagoge nur eine allgemeine Ablehnung des soldatischen Handwerks ausdrücken wollte. Christian Rath
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