piwik no script img

Bezirksbürgermeister besucht Wagenburg

■ Die letzte Wagenburg in Friedrichshain an der Schillingbrücke soll bis zum Sommer verschwinden. Ein Ausweichquartier für die Rollheimer ist nicht in Sicht

Die Finanzverwaltung will das Grundstück besenrein an einen Investor verkaufen, der angeblich sofort anfangen will zu bauen. Die Innenverwaltung will grundsätzlich alle Wagenburgen auflösen und fordert die unverzügliche Räumung. Und Friedrichshains Bürgermeister Helios Mendiburu (SPD) will nicht mehr „ständig diese Schreiben vom Senat bekommen“.

So setzte er sich am Samstag in der Wagenburg an der Schillingbrücke ans Lagerfeuer und wollte ohne die Zusage der WagenburglerInnen, daß sie spätestens im Sommer das Gelände freiwillig verlassen, nicht wieder gehen. Im vergangenen Jahr hatte Mendiburu das Senatsansinnen auf Räumung noch zurückgewiesen, da kein Ausweichquartier vorhanden war. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Im Rahmen eines Gestaltungswettbewerbs für das Gebiet um den Hauptbahnhof habe nun aber ein Investor, den Mendiburu nicht nennen wollte, den Zuschlag für das Wagenburggelände bekommen. Doch die RollheimerInnen glauben nicht an einen baldigen Baubeginn. „Die Büroneubauten hier im Umfeld stehen zum Großteil leer“, meinte ein Wagenbewohner. Daher wollen sie das Gelände nur verlassen, wenn dann auch wirklich gebaut würde. Und das auch nur, wenn sie ein Ersatzgelände bekämen.

Gerne würden sie ein Gelände etwa von der Deutschen Bahn AG pachten. Doch ihre Anfragen scheiterten wegen des schlechten Rufs der Wagenburgen schon bei den Vorzimmerdamen. „Zur Zeit sind wir vogelfrei“, meinte ein Wagenbewohner. „Nur wenn wir wenigstens einen kleinen Heiligenschein hätten, bekämen wir eine Chance.“

Für den Heiligenschein will nun Mendiburu sorgen. Schließlich gebe es keine Probleme mit Abfallbergen an der Schillingbrücke. Auch lägen keinerlei Strafanzeigen gegen die WagenburglerInnen vor. Sollte es zu Verhandlungen mit einem Grundstückseigentümer kommen, werde er sich vermittelnd einschalten. Und den Investor will er informieren, daß die WagenburglerInnen für bauvorbereitende Bodenuntersuchungen sogar ihre Wagen zur Seite schieben würden. Dafür soll der Investor den definitiven Baubeginn datieren, damit die WagenburglerInnen wissen, wann sie wirklich davonrollen müssen. Gereon Asmuth

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen