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Nach Kohlestreit kommt der Oststreit

■ Sachsens CDU-Wirtschaftsminister Schommer wirft Bonn vor, mit dem Kohlekompromiß den Osten zu vernachlässigen. CDU-Fraktionschef Schäuble: "Steinkohle hat marginal mit Ostsubventionen zu tun"

Berlin (taz) – Nach dem Kohlekompromiß von vergangener Woche beginnen die christdemokratischen Nachhutgefechte. Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer warf der Bundesregierung gestern vor, die westdeutschen Bergleute auf Kosten der Ostdeutschen unterstützt zu haben. Der Mann im Kabinett des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf, ein ausgewiesener Kohl-Gegner, behauptet, durch den „mutlosen Kohlekompromiß“ würden die Investitionszuschüsse für die neuen Länder gestrichen. Wenn schon Reformen, dann müßten sie gleichermaßen in allen Teilen der Republik erfolgen.

Ein Vorwurf, den der CDU- Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Wolfgang Schäuble, gestern in Berlin mit zweideutigen Bemerkungen zu entkräften versuchte. „Nur marginal“ stehe der Kompromiß zur Steinkohle in einem Zusammenhang mit der Investitionsförderung Bonns in den neuen Ländern. Für die Bundesregierung habe der Aufbau Ostdeutschlands trotz des Steinkohlekompromisses „nach wie vor“ Vorrang.

Schäubles Erklärung folgte nach einer zweitägigen Sitzung des Geschäftsführenden CDU-Vorstandes in Berlin, der sich ausschließlich den Problemen in den neuen Ländern widmete. Zentrales Anliegen: Wie kann die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Osten verbessert werden? Schäuble wies darauf hin, daß das Wirtschaftswachstum in den neuen Ländern im Januar mit zwei Prozent nur noch geringfügig über dem in Westdeutschland lag. Damit sei die „Aufholjagd“ des Ostens aber nicht zu schaffen. Kernstück eines Zehnpunkteplans: Die Lohnabschlüsse in den neuen Ländern müßten unter der Produktivitätssteigerung bleiben. Dazu soll der Flächentarifvertrag reformiert werden.

Gesetzlich will die CDU zwar nicht in die Tarifhoheit eingreifen – es bestehe aber „tarifpolitischer Handlungsbedarf“. Schäubles Vorschlag: Während die Unternehmen Wege aufzeigen, wie Arbeitsplätze erhalten oder neu geschaffen werden könnten, verpflichteten sich die Gewerkschaften, betriebliche Öffnungsklauseln in ostdeutschen Tarifverträgen zu akzeptieren.

Indirekt forderte der Geschäftsführende CDU/CSU-Fraktionsvorstand auch ein weiteres Abschmelzen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) im Osten. Sowohl ABM als auch Umschulungsmaßnahmen hätten „auf Dauer“ nur dann eine Berechtigung, wenn sie die Menschen auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereiteten. Ansonsten seien Lohnkostenzuschüsse den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vorzuziehen. Die CDU strebt an, den Osten Deutschlands zum Experimentierfeld für den Abbau rechtlicher Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu nutzen. „Bürokratische Hemmnisse“ zu beseitigen, so der christdemokratische Verfassungsexperte Rupert Scholz, könne letztlich auch Westdeutschland nützen. Ohne ins Detail zu gehen, nannte er die zu lange Genehmigungsdauer für neue Industrieanlagen. Severin Weiland

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