: Dortmund will nicht Opfer sein
■ Krupp verteidigt Thyssen-Übernahmepläne: Vorstand habe sich dem „Druck der Landesregierung“ gebeugt
Dortmund (taz) – Die „feindliche Übernahme“ des Thyssen- Konzerns durch den wesentlich kleineren Krupp-Hoesch-Konzern wäre für den Dortmunder Stahlstandort laut Krupp-Hoesch-Vorstand vorteilhafter gewesen als die jetzt anvisierte Fusion der beiden Stahlgesellschaften der Konzerne. Mit dieser Botschaft versuchte gestern Krupps Arbeitsdirektor Roßberg, Punkte auf der Belegschaftsversammlung in der Dortmunder Westfalenhalle zu sammeln.
Bei einer Übernahme, so Roßberg unter einem Pfeifkonzert der rund 6.000 Stahlarbeiter, „hätten wir das Heft in der Hand gehabt, eine Lösung zu finden, die nicht auf dem Rücken von Dortmund stattgefunden hätte“. Nur „auf Drängen und Druck der Düsseldorfer Landesregierung“ habe man sich bereit erklärt, jetzt eine unsichere Stahlehe mit Thyssen zu versuchen. „Eine einseitige Schließung der Flüssigphase“ im Werk Dortmund sei mit dem Krupp- Vorstand aber „nicht zu machen“.
Der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) warb unterdessen im Landtag für die Stahlfusion. Sie biete „endlich die konkrete Chance“, für „ein langfristig tragfähiges Konzept“ an der Ruhr. Als Moderatoren für die Fusion hat Clement den früheren Vorstandschef von Mercedes, Helmut Werner, und den Vorsitzenden des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute, Kurt Stähler, gewonnen.
Die IG Metall erwartet nach den Worten ihres NRW-Vorsitzenden Harald Schartau jetzt eine „staatliche Begleitung und Kontrolle“ des Prozesses. Für die Betriebsräte sei nur ein „Konzept für alle Standorte“ akzeptabel, das die Anpassung ohne „eine einzige betriebsbedingte Kündigung“ vorsehe. Für Dortmund dürfe es dabei „keine Lösung unterhalb des Optimierungskonzepts geben“. Dieses Konzept hatte der Aufsichtsrat von Krupp-Hoesch erst im Februar verabschiedet. Es sieht Investitionen von rund 500 Millionen Mark in die Flüssigphase des Dortmunder Hüttenwerks und den Abbau von weiteren 2.200 Arbeitsplätzen vor. Durch diesen Schritt soll die Produktion billiger werden.
Ein veraltetes Stahlwerk mit komplizierten Gießanlagen und die Aufteilung der drei Hochöfen auf zwei Werke sind für Kostennachteile ebenso verantwortlich wie der „trockene Standort“: Schiffe mit Rohstoffen können nicht direkt am Werk entladen. Laut Roßberg schreibt die Dortmunder Hütte als einziges Stahlunternehmen in Europa derzeit rote Zahlen. Nach einem Gewinn von 115 Millionen Mark 1995 bescherte der Stahlbereich Krupp im letzten Jahr 220 Millionen Mark Miese. Solchen Zahlen trauen die Stahlkocher aber schon lange nicht mehr: Wer acht bis zehn Milliarden für einen Aktiendeal lockermachen könne, dem könne es so schlecht nicht gehen, hieß es gestern. Walter Jakobs
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen