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Vertrag zwischen ORB und SFB auf der Kippe

■ Kooperation der Rundfunksender ist umstritten. Zukunft der Klassikwelle unklar

Der Kooperationsvertrag zwischen den Sendeanstalten ORB und SFB steht auf der Kippe. Das von den beiden Intendanten bereits paraphierte Rundfunkabkommen wurde nicht nur von der Senatskanzlei torpediert, sondern stößt auch in den SFB-Gremien auf Bedenken. Verwaltungsrat, Programmausschuß und Rundfunkrat müssen noch zustimmen.

Mit dem Kooperationsvertrag sollen Teile von B 2 und Radio Brandenburg zu Radio 1 zusammengefaßt werden, Zielgruppen sind die 20- bis 35jährigen. Beim SFB bleiben Inforadio, Multikulti und die Stadtwelle 88,8. Das Jugendprogramm Fritz bleibt beim ORB und soll stärker die 14- bis 20jährigen ansprechen. Radio 3 sendet auf SFB 3 ein Kulturprogramm zur Musikfarbe Jazz und Chanson. Der SFB gibt damit B 2 auf, der ORB opfert Radio Brandenburg. Mit der engeren Kooperation wollen beide Sender je eine Million Mark einsparen.

Noch völlig in der Luft hängt die neue Klassikwelle „Klassik plus“, die NDR, ORB und SFB 3 gemeinsam gestalten wollten. Geplant war eine Übernahme des NDR-Klassikprogramms mit „regionalen Fenstern“. Gerüchte, daß der NDR bereits abgewunken habe, wies NDR-Sprecher Ralph Coleman gestern zurück. Der NDR sei an dem ursprünglichen Konzept durchaus interessiert. Wenn nun von Berliner Seite der Wunsch aufkomme, „ein völlig neues Kulturprogramm zu stricken“, sei das aber „nicht im Interesse des NDR“.

SPD-Rundfunkratsmitglied Marianne Brinckmeier erklärte: „Es ist schwierig, dem Kooperationsvertrag zuzustimmen, wenn der Vertrag mit dem NDR nicht unter Dach und Fach ist. Das ist ein Scheck auf die Zukunft.“ Auch der bündnisgrüne Rundfunkrat Jochen Esser will seine Zustimmung davon abhängig machen, ob für das Klassikprogramm eine befriedigende Lösung gefunden wird.

Zum Kern der Opposition gehören inzwischen auch die Journalistenverbände DJV und IG Medien. Sie befürchten, daß das Kooperationsmodell zu viele Arbeitsplätze kosten könnte. Dagegen argumentiert Marianne Brinckmeier (SPD): „Wenn der Kooperationsvertrag nicht zustande kommt, werden wir sehr viel mehr abspecken müssen. Dann sind betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr auszuschließen.“ Mit dem Abschluß des Kooperationsvertrages würden zwar Personalüberhänge entstehen, diese könnten aber in den nächsten Jahren durch Fluktuation abgebaut werden.

Während SPD und Grüne grundsätzlich für eine stärkere Kooperation von SFB und ORB sind, ist die CDU gespalten. Rundfunkratsmitglied Klaus Landowsky hat sich bislang für den Kooperationsvertrag ausgesprochen. Die Senatskanzlei, die mit einem Papier dazwischenfunkte, will das Berliner Profil des SFB-Rundfunks schärfen und befürwortet ein Zusammenkommen von B 2 mit B 4. Wie die Entscheidung in den SFB- Gremien aussehen wird, wagt niemand vorauszusagen. Was die Berliner außerdem wurmt: Der ORB hat sich einen Satellitenkanal gesichert und wird künftig bundesweit zu empfangen sein. Das kann sich der SFB aus Kostengründen nicht leisten. So mehren sich die Stimmen, die Nachverhandlungen fordern, unter anderem über eine gemeinsame Satellitennutzung. Dorothee Winden

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