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Grüne legen Einwanderungsgesetz vor

Sie fordern Quoten für Aussiedler und Ausländer. Gleichgeschlechtliche und unverheiratete Paare sollen wie Eheleute behandelt werden. Sprachunterricht als Bestandteil der Integration  ■ Aus Bonn Markus Franz

Fünf Tage nach der FDP haben die Bündnisgrünen gestern ihren Entwurf zum Einwanderungsgesetz vorgelegt.

Im Gegensatz zur FDP wollen die Bündnisgrünen die Zuwanderung nicht beschränken. Sie fordern eine transparente rechtliche Regelung, die auf „humanen Gründen“ basiert. Andererseits wollen sie aber auch den „Ängsten der Bevölkerung vor einer ungehinderten Zuwanderung angesichts der Massenarbeitslosigkeit“ Rechnung tragen. Noch in der vergangenen Legislaturperiode hatten sie für einen unbeschränkten Zuzug von Ausländern plädiert. Der einwanderungspolitische Sprecher der Grünen, Cem Özdemir, legte Zahlen für die Zuwanderung vor. Zusätzlich zu der derzeit geltenden Quote von 220.000 Aussiedlern soll die gleiche Anzahl an Ausländern einwandern dürfen. Nicht eingerechnet sind Asylbewerber, Flüchtlinge und Familienangehörige, die nicht unter eine Quote fallen sollen. Damit könnte die Zahl der Zuwanderer beträchtlich über der derzeitigen liegen. 1994 kamen im Saldo rund 330.000 Zuwanderer zusätzlich nach Deutschland, einschließlich Aussiedler, 1995 waren es 408.000. Darin eingerechnet sind alle Ausländer, also auch Asylbewerber. Nach Vorstellung der Grünen könnten dagegen bis zu 440.000 Menschen einwandern, zuzüglich Asylbewerber, Flüchtlinge und Familienangehörige. Die Quote für Aussiedler soll aus Gründen der Rechtssicherheit noch vier Jahre lang gelten. Danach sollen sie mit den anderen Einwanderern gleichgestellt werden. Bundestag und Bundesrat müßten dann auf Empfehlung einer Einwanderungskommission die Quote für die Zuwanderung festsetzen.

Im Gegensatz zur FDP wollen die Grünen den Familiennachwuchs unbeschränkt garantieren. Diese Regelungen sollen auch für Unverheiratete gelten sowie für gleichgeschlechtliche Paare. Einwanderungsgründe sind darüber hinaus der erweiterte Familiennachzug, der beispielsweise die Großeltern betrifft. Zudem enthält das Gesetz eine Vorrangregelung, die bestimmt, daß mindestens 25 Prozent der Einwanderungsbewilligungen jährlich aus dringenden humanitären Gründen ausgesprochen werden müssen. Özdemir nannte als Beispiel Umweltflüchtlinge wie die Betroffenen der Tschernobyl-Katastrophe.

Mit Rücksicht auf die hohe Arbeitslosigkeit stellen die Grünen an die Zuwanderer Bedingungen. Der erweiterte Familiennachzug soll nur möglich sein, wenn die Unterhaltssicherung gewährleistet ist. Voraussetzung für die Arbeitsmigration ist ein Arbeitsplatz, der bereits vom Heimatland aus nachgewiesen werden muß.

Fester Bestandteil des Einwanderungskonzepts sind Maßnahmen zur Integration wie etwa Sprachkurse. Im Falle der Arbeitsmigration sollen sie teilweise von den Arbeitgebern bezahlt werden. Ansonsten sollen sich Bund und Länder die Kosten teilen. Die FDP will die Kosten für Sprachkurse den Zuwanderern auferlegen. Einig sind sich Bündnisgrüne und FDP bei der Frage des Staatsangehörigkeitsrechts. Die Kinder von in Deutschland lebenden Eltern sollen mit der Geburt automatisch Deutsche werden.

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