piwik no script img

Kohl stellt die Sinnfrage

■ Kanzler zweifelt am Erfolg des Steuergipfels. Brief an Lafontaine

Bonn (AFP) – Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) zweifelt am Sinn des neuen Steuergipfels mit der SPD am Mittwoch. Ein weiteres Gespräch sollte nur dann stattfinden, wenn „neben einem Mindestmaß an Erfolgschancen vor allem eine Bereitschaft zu einem Einvernehmen in der Sache gegeben ist“, schrieb Kohl gestern an SPD-Chef Oskar Lafontaine.

Kohl betonte, aus Sicht der Koalition seien für eine Einigung zwei Punkte unerläßlich. Zunächst müsse die Senkung aller Steuersätze festgelegt werden, um sich danach über die dadurch entstehenden Steuerausfälle sowie die Gegenfinanzierung zu verständigen. Außerdem müsse eine Senkung der Sozialabgaben auch in engem zeitlichem Zusammenhang mit einer Reform vor allem bei der Rentenversicherung stehen.

Lafontaine wies die Forderungen zurück, hielt jedoch an dem geplanten Steuertreffen fest. Er bekräftigte vor Journalisten, das von der Koalition geplante Finanzvolumen für die Steuerreform werde nicht haltbar sein. Er verwies dabei auf das Ausfallvolumen in Höhe von 56 Milliarden Mark im Koalitionskonzept. Dies sei „keine seriöse Vorlage“. Mit Blick auf zu erwartende weitere Steuerausfälle betonte er, Überlegungen in der Koalition zur Erhöhung der Mineralöl- und Mehrwertsteuer hätten mit der Reform nichts zu tun und seien nur die „verzweifelte Suche“ nach Möglichkeiten, Löcher zu stopfen. Darüber hinaus erneuerte er die SPD-Forderungen nach einer Entlastung vor allem für mittlere Einkommensgruppen. Zur Senkung der Lohnnebenkosten sagte Lafontaine, eine Senkung müsse so schnell wie möglich kommen. Bei der Rentenreform sei die Koalition zerstritten. Eine Neuregelung sei in kurzer Zeit nicht machbar. Die SPD wolle daher mit der Koalition zumindest das vereinbaren, was unstreitig sei, betonte Lafontaine mit Blick auf die Senkung der Sozialabgaben. Trotz der gegensätzlichen Positionen sagte der SPD-Chef: „Ich glaube immer an den Sieg der Vernunft.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen