: Vergeßt Dortmund!
■ Klassekick: An Pfingsten steigt die Deutsche Alternativfußballmeisterschaft
Fußballfans aufgemerkt! Wer für das Pfingstwochenende eine Eintrittskarte für das Dortmunder Westfalenstadion gekauft hat, um sich dortselbst den Kampf des heimischen Bundesligavereins mit dem Spielgerät – weniger mit dem Gegner, wie wir wissen – anzutun, ist selber schuld. An Pfingsten wird der herzerwärmendste Fußball der Republik definitiv in Bremen gespielt. Zwei Tage lang wird auf dem Kuhhirten gefüßelt und gegrätscht, was die müden Beine hergeben. Und zwar bei den elften Deutschen Alternativfußballmeisterschaften. Unter immer demselben stockbremischen Motto: Etwas Besseres als den DFB finden wir überall!
Wer nennt die Namen, zählt die Anekdoten? Zum Beispiel damals, als die Jungs von der Kölner Be-tongunion und die Mainzer Vinzenz Park Rangers mit freiem Oberkörper aufliefen, die Trikots nach dem Zufallsprinzip überstreiften und dann ein munteres Spielchen ablieferten. Oder als sich die spielstarken Bongo Bongo aus dem Westerwald durch die Sprechchöre „Zieht den Bongos die Buschröckchen aus!“derart verunsichern ließen, daß sie sich gerade mal einen zehnten Platz erstolpern konnten. Oder gar, als im letzten Jahr beim Bielefelder Turnier Bernd „Diva“Kusche unwiderstehlich lossprintete, quasi die halbe Mannschaft der Piranhas aus Regensburg umfummelte, zum spiel- und meisterschaftsentscheidenden 3:0 einlochte – um dann dusseligerweise just in die Kurve zu sprinten, wo gerade keiner zum Hudeln und Jubeln war. Trotzdem: Aus Speckflaggen-patriotischer Sicht war das Spiel der Höhepunkt aller Turniere. Auf dem regennassen Bielefelder Grund wurde die letzte Meisterschaft an die Weser geholt. Der Gewinner: Vibrator Moskowskaja, die jungen Himmelsstürmer aus Bremen. Die damit neben zwei Beate Uhse-Katalogen, Glück, Glanz und Ruhm die zweifelhafte Ehre gewannen, das nächste Turnier ausrichten zu dürfen. So will's der Brauch.
Platz besorgen, Zelt aufbauen, Bier kaltstellen – damit ist die Organisation eines solch traditionsreichen Turniers längst noch nicht geleistet. Die Hauptarbeit für die Vibratoren lag in der Auswahl der Teams. Denn zur Meisterschaft werden nicht etwa die Tabellenbesten der diversen wilden Fußball-Ligen eingeladen. Das wäre zu einfach. Neben Tradition, Regionalproporz und schierer Willkür bei den Einladenden spielen vor allem die Bewerbungen der Teams eine Rolle. Ganze Batterien von Moskovskaja-Flaschen und Bierkisten hätten sie austrinken müssen, stöhnten die Vibratoren. Bewerbungen in den wildesten Fremdsprachen haben sie nicht verstanden, allergruseligste Kicker-Gesänge angehört. Sogar eine Knieoperation auf Video ist eingereicht worden – bis das Feld der 24 Teams stand. Von Hinter Mailand aus Freiburg bis Juventus Senile aus Aachen. Neben Vibrator kicken auch noch zwei Bremer Mannschaften mit: Die alten Herren vom Roten Stern und die jungen Hüpfer von Stahl Eisen. Nicht dabei wegen erwiesener Langweiligkeit (weil Formlosigkeit) der Bewerbung ist Schwarz auf Weiß taz aus Berlin. So kann's kommen.
Angereist und vorgefeiert wird am Freitag, 16.Mai., gespielt am Samstag und Sonntag ab neun Uhr, Endspiel ist am Sonntag gegen 16 Uhr. Jeweils abends gibt's Party. Moderation: Ralle (der wahre) Beckmann. Und Marco Bode – DFB hin oder her – wünscht bestes Gelingen. J.G.
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