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Jospin plant die Wiederauferstehung

■ Frankreichs Sozialisten legen ihr neues Programm vor: Alles soll besser, 14 Jahre eigene Herrschaft sollen vergessen werden

Paris (taz) – Alles wollen sie ändern: die Politik, den Alltag, Europa, die Demokratie, sogar die Zukunft. Das zumindest kündigen die französischen Sozialisten in ihrem Parteiprogramm an – dessen 15 orange und grün bedruckte Seiten sie in diesen Tagen sechsmillionenfach unter das Volk bringen wollen. Das bis zum allerletzten Moment diskutierte und abgeänderte Dokument soll nicht nur zeigen, daß es im Gegensatz zu der weitverbreiteten Ansicht der Franzosen sehr wohl noch einen Unterschied zwischen rechts und links gibt, sondern auch, daß die Sozialisten siegeswillig sind. Der Labour-Wahlsieg hat ihnen trotz programmatischer Differenzen mit den britischen Genossen Aufwind gegeben. Meinungsumfragen, bei denen der Abstand zwischen den konservativen Regierungsparteien und der linken Opposition schrumpft, sorgen für Optimismus.

„Die Franzosen werden für eine Überraschung sorgen“, prognostizierte der stets streng dreinblickende Parteichef Lionel Jospin gleich zu Anfang des Wahlkampfes. Kaum hatte Staatspräsident Jacques Chirac am 21. April das Parlament aufgelöst, in dem Jospin nicht einmal Abgeordneter war, trat der Chef der Oppositionspartei vor die Fernsehkameras und verlas eine Rede, die seine Bereitschaft zur Kohabitation mit dem Neogaullisten Chirac signalisierte. Drei Tage später lieferte er in einer Pariser Vorstadt seine erste Wahlkampfveranstaltung. Am vergangenen Freitag legte er in Paris das sozialistische Programm vor.

Im Vergleich mit dem der Regierungsparteien ist dieses Programm sozialer. Die Sozialisten bestätigen zwar ihr Bekenntnis zum Euro, den ihre großen alten Herren Delors und Mitterrand einst vertraglich vorbereitet haben, wollen den Übergang in die Währungsunion jedoch an vier Bedingungen knüpfen, die im Programm relativ nebulös bleiben: das Mitmachen von Italien und Spanien (und Großbritannien, so die Briten das wünschen), einen europäischen Wachstums- und Solidaritätspakt, eine europäische Wirtschaftsregierung und den Verzicht auf Währungsdumping gegenüber Dollar und Yen. Als Mittel gegen die Arbeitslosigkeit wollen die Sozialisten 700.000 Arbeitsplätze schaffen – zur Hälfte im öffentlichen Dienst, zur Hälfte im privaten Sektor, wozu sie eine staatliche Teillohnfinanzierung vorsehen. Außerdem streben sie den Übergang von der 39- zur 35-Stunden- Woche bei vollem Lohnausgleich an. Das entsprechende Gesetz und die ursprünglich vorgesehene zweijährige Übergangsfrist dazu sind allerdings aus dem Programm verschwunden. In Sachen Immigrationsgesetzgebung hat sich Jospin unter dem Druck der jüngsten Demonstrationen eines Besseren belehren lassen. Jetzt steht im Programm, daß die Partei die umstrittenen Pasqua- und Debré-Gesetze abschaffen will.

Innerparteilich herrscht bei der PS gegenwärtig ein demonstratives friedliches Einvernehmen. Linke und rechte Kritiker Jospins sind seit Beginn des Wahlkampfs verstummt. Statt auf einen Richtungsstreit konzentriert die PS ihre gesamte Kraft darauf, bei den beiden Wahlgängen am 25. Mai und 1. Juni einen guten Schnitt zu machen. Unangenehme Erinnerungen an 14 sozialistische Jahre sollen zahlreiche neue Kandidaten verdrängen, darunter 30 Prozent Frauen. Abgesehen vom Exchef der Europäischen Kommission, Jacques Delors, halten sich im Wahlkampf viele sozialistische Altpolitiker im Hintergrund. Ein neuer Star der Sozialisten ist Catherine Trautmann aus Straßburg – nicht nur die einzige Frau an der Spitze einer französischen Großstadt, sondern auch Lichtfigur der größten Mobilisierung gegen die Front National. Dorothea Hahn

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