: Bundesbank: Nein zu Waigels Goldtrick
■ Die Unabhängigkeit der Bundesbank ist gefährdet, urteilt der Zentralbankrat über Finanzminister Waigels geplante Buchungstricks mit den deutschen Goldreserven. Die Bundesregierung beharrt trotzdem auf ihren Plänen
Berlin (taz) – Die Deutsche Bundesbank geht auf Konfrontationskurs mit der Regierung. Finanzminister Theo Waigel greift die Unabhängiglkeit der Bundesbank an, hieß es nach einer stundenlangen Sitzung des Zentralbankrats über Waigels Pläne einer Neubewertung der Goldreserven. In einer gestern abend veröffentlichten Erklärung schreiben die Banker, das Bonner Konzept „stünde sowohl im Widerspruch zur deutschen Tradition als auch zu den Vorstellungen des Maastricht- Vertrages über die Unabhängigkeit der Notenbanken“. Die von Waigel gewünschte Ausschüttung eines Sondergewinns zur Deckung seiner Haushaltslöcher könne „zu einer nachhaltigen Verbesserung der öffentlichen Finanzen nur einen begrenzten Beitrag leisten“. Im Gegenteil würde „das Vertrauen in die Stabilität der künftigen europäischen Währung“ gefährdet.
Trotz dieser harschen Worte besteht Finanzminister Theo Waigel (CSU) auf der angestrebten Höherbewertung der 95 Millionen Feinunzen Gold in den Tresoren der Bundesbank. Minuten nach der Erklärung der Bundesbank betonte die Koalition, weder die Stabilitätspolitik noch die Unabhängigkeit der Bundesbank würden beeinträchtigt. Waigels Griff nach dem Gold halten die Banker für unseriös. „Wenn eine entsprechende Haushaltspolitik betrieben wird, brauchen Fragen nach der Seriosität bestimmter Maßnahmen erst gar nicht gestellt zu werden“, sagte Ernst Welteke, Präsident der Landeszentralbank Hessen, nach der gestrigen Sitzung. Schon im Vorfeld hatte sich Bundesbankpräsident Hans Tietmeyer vehement gegen eine Neubewertung ausgesprochen. Die Mark als zweitgrößte Reservewährung der Welt basiere „nicht auf den nationalen Ressourcen, sondern allein auf Glaubwürdigkeit“, sagte er den Mitgliedern des Haushaltsausschusses am 18. März.
Waigel will den Wert des Goldes an den Marktpreis angleichen. Der liegt bei rund 344 Dollar (590 Mark) pro Unze. Die Bundesbankunzen werden hingegen zu ihrem Anschaffungspreis mit nur 92 Dollar berechnet. Da die Bundesbank Überschüsse an den Bund abführen muß, würden mit einer Neubewertung der Goldunzen frisch gepreßte Milliarden in Waigels Kassen fließen. In einem unter Verschluß gehaltenen Eckwertepapier hat Waigel sowohl die Höhe der Neubewertung als auch den Zeitpunkt festgeschrieben. Noch vor der Sommerpause soll das Bundesbankgesetz geändert werden – das schafft Waigel mit einfacher Mehrheit. Das Gesetz würde die Bank zu der Neubewertung zwingen, über deren Höhe es unterschiedliche Angaben gibt. Aus Koalitionskreisen verlautete, daß Waigel auf 10 bis 11 Milliarden Mark hofft. Experten sehen gar je 25 Milliarden 1997 und 1998 in die leeren Schatullen Waigels fließen. Das Geld will der Herr der Löcher in den Erblastentilgungsfonds stecken. Ulrike Fokken
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen