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Hoffnung für „Bremer Hafen“

■ Ist Bremerhaven zu retten? Wirtschafts-Staatsrat Haller findet: Ja, aber nur, wenn die Stadt ein „maritimes Leitbild“entwickelt

Seine Sekretärin habe schon gedacht, das sei ein Tippfehler, plauerte Wirtschafts-Staatsrat Dr. Frank Haller in Bremerhavens „Haus des Handwerks“aus. Sein früherer Wirtschaftssenator Werner Lenz, heute AfB, hatte ihn eingeladen zu dem provokativen Thema „Ist Bremerhaven noch zu retten?“

Haller brachte einen Packen Zahlen mit, die allesamt zeigen: die Lage ist schlimm, verzweifelt schlimm. Aber, so referierte er in seinem saloppen Ton: nicht ganz hoffnungslos. Hoffnung liegt in diesem vermeindlichen Tippfehler: Bremerhaven muß ein „Leitbild“als Bremer Hafen entwickeln, als maritimes Zentrum an der offenen See.

Das hat Folgen für die Hafenpolitik der Stadt Bremen, „das haben noch nicht alle begriffen“, meinte Haller. Und die BLG müsse ihre halbstaatliche Monopolstruktur aufgeben und wettbewerbsfähige Angebote machen. Arbeitsplätze in der unter 21 Prozent Arbeitslosigkeit leidenden Stadt werde das aber nur bringen, wenn die „Loco-Quote“erhöht werden kann, wenn also die Entladung von Autos und Containern ein wenig Verarbeitungsprozesse vor Ort nach sich ziehen.

Zum „maritimen Leitbild“gehört für Haller auch die Bewahrung des Restes von Schiffbau. Er habe sich „überzeugen lassen“, bemerkte er, daß die Schichau-Werft mit dem Fährschiffbau eventuell doch noch eine Chance habe, in den nächsten Monaten müsse sich aber ein privater „Übernehmer“finden. Im Schiffbau waren 1976 einmal 15 Prozent aller Bremerhavener beschäft, derzeit geht das Ringen um den Rest von 2,6 Prozent.

Drittes „maritimes“Standbein: Der Tourismus. Zoo am Meer, Schaufenster Fischereihafen, vielleicht demnächst Ocean-Park sollen als Paket die Reiselustigen anlocken, auch übrigens mehr Bremer als bisher. Für den Ocean-Park allerdings, für den im Landeshaushalt bisher 250 Millionen an Subventionen stehen, müsse auch die Stadtgemeinde Bremerhaven in ihre Tasche greifen, deutete Haller der kleinen AfB-Runde dunkel an: „Diese Diskussion kann man Bremerhaven nicht ersparen.“Nur Gäste wie der Grüne Manfred Schramm oder Wilfried Töpfer (SPD) verstanden: Damit ist eine 100-150 Milionen-Beteiligung, finanziert über die der Bremerhavener Stadtwerke, gemeint. Noch 500 Arbeitstage bis zur Expo, wenn das Großprojekt nicht bald entschieden wird, versicherte Haller, dann wird es auf Jahre kein Geld mehr für große Sonder-Investitionen geben: Daß der Bundesfinanzminister Theo Waigel „einen Teil seiner Goldbarren für die Fortsetzung des Sanierungsprogramms hergibt“, witzelte der erfahrene Staatsrat, das werde so einfach nicht zu erreichen sein.

Die der AfB nahestehende Zuhörerschaft war ermattet und hatte nur wenige skeptische Nachfragen zu dem großen Bogen, den der Staatsrat geschlagen hatte. Beck&Co zum Beispiel wollte eine Abfüllanlage in Bremerhaven bauen und hat dafür sogar ein Grundstück bekommen. Und nun passiert nichts. Oder: Der Häfensenator wollte umziehen und den Bremerhavenern damit Mut machen. Es passiert nichts...

Das Becks-Projekt sei „auf Eis gelegt“, aber nur vorläufig, berichtete Haller. Beim Häfensenator: sei das Umzugs-Versprechen damals „blanker Populismus“gewesen, mit dem „alle sich schwer tun“, seit drei Jahren.

Werner Lenz, der in den 80er Jahren Wirtschaftssenator unter Haller war, meinte zwar, die Hafenverwaltung müsse unbedingt zum „Bremer Hafen“umziehen, der Häfensenator aber gehöre abgeschafft zugunsten von Hallers Wirtschaftsressort. K.W.

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