: Flott ins dritte Jahrtausend
■ Verfassungsrechtler Mahrenholz bescheinigt Bremen sein gutes Recht auf seinen öffentlichen Rundfunksender Radio Bremen
Radio Bremen bleibt – es sei denn die BremerInnen schaffen ihren Sender selber ab. Und da diese die Notwendigkeit dazu bisher nicht sehen, wird es auch bei der Finanzierung im Länder-Ausgleich bleiben. Alle anderen Überlegungen der Ministerpräsidenten Stoiber, Biedenkopf und Teufel, den Sender aus finanziellen Motiven zu beschneiden oder sogar zur Fusion mit dem NDR zu zwingen, sind damit hinfällig.
So lautet jedenfalls das Ergebnis eines Gutachtens zum Ausgleich der Rundfunkfinanzierung, das der ehemalige Bundesverfassungsrichter Ernst Gottfried Mahrenholz gestern im Bremer Rathaus vorstellte. Der Rundfunk-Finanzausgleich an Radio Bremen sei verfassungsrechtlich festgeschrieben und von Seiten der Ministerpräsidentenkonferenz gar nicht zu kippen. Das Grundgesetz schreibe fest, so Mahrenholz, daß die Grundversorgung eines jeden Bundesbürgers mit Infos, Kultur und sogar Unterhaltung gewährleistet werden muß. Und wenn sich das Land Bremen einen eigenen Sender halten wolle, so sei das sein gutes Recht – alles andere sei mit dem Prinzip des Föderalismus nicht vereinbar.
Selbst eine Verschlankung des Programmbereichs wäre nach der Argumentation von Mahrenholz verfassungsrechtlich nicht zulässig – auch wenn die Hansawelle laut Media-Analyse im Bremer Umland 40.000 Hörer verloren hat. Standard der Öffentlich-Rechtlichen auf dem Bundesgebiet nämlich sind mindestens vier Programme und deswegen haben auch die Bremer ein Anrecht darauf.
Schaden entstehe den reichen Sendern im Süden Deutschlands damit trotzdem nicht, sagt Mahrenholz. Der Finanzausgleich mit Radio Bremen sei doch schon in den Rundfunkgebühren mitenthalten und zwar mit 27 Pfennig pro Gebührenzahler. Man solle dem Sender diesen Betrag von ca 103 Mio Mark doch einfach direkt auszahlen, dann würden sich die leidigen Diskussionen um den Finanzausgleich „ein für alle Mal erübrigen“.
Folgt man der 65seitigen Studie des Verfassungsrechtlers, so ist die Position von Radio Bremen also kaum erschütterbar – Mahrenholz machte gestern keinen Hehl daraus, daß ihm dies auch aus politischen Erwägungen gefällt: „Ich bin für Vielfalt“– und gegen große Sender.
Fraglich bleibt hingegen, ob Bremen sich einen gerichtlichen Streit um sein Recht auf Ausgleichszahlen überhaupt leisten könnte. Eine vermutliche Prozeßdauer von mehreren Jahren zumindest würde den Sender ruinieren. Darauf aber müßte man sich einstellen, wenn sich Stoiber wie angekündigt aus dem Rundfunk-Finanzausgleich zurückzieht. ritz
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