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Mit vollen Segeln

■ In diesem Jahr stehen die Heimatklänge ganz im Zeichen Kubas

Mojito am Morgen, und die Pressekonferenz tanzt. Unter Anleitung des kubanischen Tanzlehrers Juan José O. winden sich die versammelten Medienvertreter wie verwundete Murmeltiere, um den rechten Salsaschritt mitzuhalten. Eine gute Figur macht einzig die gastgebende Piranha-Crew, die aber im Vorfeld heimlich für die diesjährigen Heimatklänge trainiert hat. Alle anderen haben eine Woche Zeit, aufzuholen.

Schon immer eignete sich das Freiluft-Festival hervorragend als Therapie gegen eingerostete Hüftgelenke. Doch jetzt wird es ernst, geht doch die Reise mit vollen Segeln gen Kuba. Nichts weniger als „eine dritte Welle kubanischer Musik“ sieht Christoph Borkowsy, der Heimatklänge-Kapitän, von dort heranrollen, nach den Seebeben der zwanziger und fünfziger Jahre. Da will man gern mitsurfen, vorneweg. Von A-cappella-Salsa bis Roots-Rumba, von einer rüstigen Kapelle, die ihr 70jähriges Jubiläum feiert, bis zu den radikalsten Salsa-Newcomern Havannas reicht das Spektrum der Gruppen, die das Feldforscherteam zwischen Havanna, Santiago und dem Kongo sichtete und die nun in den nächsten Wochen im Forum-Hotel am Alexanderplatz quartieren werden. Ohne Sponsoren wie die Landesbank Berlin, betonen die Veranstalter, wäre es kaum möglich gewesen, das Festival ins zehnte Jahr zu retten. Aber das allein reicht noch nicht: Die Heimatklänge-Aficionados müssen daher erstmals mit drei Mark zu den Unkosten beitragen – die unsichere Finanzlage hätte die Besatzung sonst gezwungen, zwei Wochen des ausgesuchten Programms über Bord zu werfen.

Auf der anderen Seite haben sich die Möglichkeiten erweitert, einmal in Schwung gekommen, bis in den Morgen im gleichen Takt durchzutanzen. Weil um Punkt Mitternacht – so wollen es die Baustellen-Anrainer – Ruhe sein muß im Zelt, lockt der Club Azucar im Tränenpalast die größten Salsateca der Stadt an den Wochenenden zu After-concert-Parties. Im Haus der Kulturen der Welt präsentiert vom 8. August an die lateinamerikanische Fotografin Cristina Piza-López Porträtbilder kubanischer Son-Musiker. Und wer dann immer noch nicht genug hat: Die Freunde der russischen Kleinbildkamera, die seit letztem Jahr knipsend die Heimatklänge begleiten, planen im Herbst eine lomographische Expedition in die Karibik, an die sich jeder anschließen kann. Daniel Bax

Ab Mittwoch, den 9.7., im Tempodrom, In den Zelten

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