: Flußschippern im Stromspaltungsgebiet
Elbvertiefung, Schlick, Flächenfraß: Eine alternative Hafenrundfahrt, fotografisch dokumentiert ■ von Steffen Kugler
Großalarm im Hafen. Ein Silo der Hamburger Ölmühle am Neuhöfer Kanal ist explodiert. Das Waschbenzin, mit dem Öl aus Sojabohnen herausgelöst wird, hat sich entzündet. Vielleicht hat ein Arbeiter eine Zigarette fallen gelassen. Man kennt die Ursache nicht genau. Die Folgen dagegen schon: Dioxine und andere krebserregende Stoffe werden freigesetzt. Es ist der Sommer des Jahres 1982.
„Die Explosion war einer der Gründe, weshalb wir uns vor 15 Jahren entschlossen, alternative Hafenrundfahrten anzubieten“, sagte Herbert Nix vom Förderkreis Rettet die Elbe gestern bei der „Jubiläumsfahrt“. Dem Förderkreis ging und geht es bei seinen Barkassenfahrten über Unterelbe, Köhlbrand und andere Hafenkanäle vor allem darum, den Blick auf die Seiten des Hafens zu lenken, die bei Touristenausflügen kaum erwähnt werden: Die Gefahrgüter im Hafen. Die Belastung des Hafenschlicks mit Arsen, Cadmium, Blei und anderen Schwermetallen. Die giftigen Abwassereinleitungen von Hydrieranlagen und Ölraffinerien. Die Auswirkungen der geplanten Elbvertiefung für Uferpflanzen, Fische, Muscheln und Algen. Ein Schwerpunkt der Bootsreise durch den Hafen – der mit jährlich 450 Millionen Mark Unterhaltskosten wohl teuerste Hamburger „Bezirk“– ist die Kritik an der Hafenerweiterung auf dem zerstörten Biotop Altenwerder.
Der „Flächenfraß“für den Containerumschlag (jährlich rund drei Millionen Standard-Container), so Nix, sei „unnötig“. Es gebe genug Alternativflächen – mit denen aber verschwenderisch umgegangen werde. Nahe des Reiherstiegs rottet seit zehn Jahren eine stillgelegte Werft vor sich hin. Niemand kümmert's: Die Durchschnittsmiete für Hafenflächen liegt bei drei Mark pro Jahr und Quadratmeter. Die Kattwyk-Fläche, einst für ein Gaswerk geplant, dient heute als eben-erdiges Parkdeck für Autos, die auf Verschiffung warten. Und gegenüber den Landungsbrücken hat das Musical „Buddy Holly“seine Hafen-Zelte aufgeschlagen. hh
Alternative Hafenrundfahrt, April bis September, freitags 17 Uhr ab Anleger Vorsetzen (U-Bahn Baumwall), 15 Mark pro Person, Dauer: 1 1/2 Stunden,
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
