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■ Israel/Palästina: Netanjahu ist ein unberechenbarer FaktorDer virtuelle Krieg

Die Pläne liegen fertig in der Schublade. Noch aber dementiert die israelische Regierung jede Absicht, die palästinensischen Autonomiegebiete militärisch wiederbesetzen zu wollen. Doch schon die Existenz dieser Pläne ist das Eingeständnis, wie nahe man sich am kriegerischen Abgrund wähnt.

In der Tat sind die Unruhen der vergangenen Wochen ein Alarmsignal. Die Palästinenser fühlen sich in eine Sackgasse gedrängt, politisch und wirtschaftlich. Und sie haben den Glauben an den Frieden verloren. Nur noch 30 Prozent, so wenige wie noch nie, sind nach der jüngsten Umfrage vorbehaltlos für Verhandlungen mit Israel. Und das nicht ohne Grund: Palästinenser können nicht einmal mehr zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland reisen, und sei es nur, um ihre Angehörigen zu besuchen. Hunderte, wenn nicht Tausende, werden stillschweigend aus Jerusalem „ausgebürgert“, Familien werden auseinandergerissen. Der Ausbau der Siedlungen und Umgehungsstraßen zieht weitere Landenteignungen nach sich. Nur noch 40 bis 50 Prozent der 1967 besetzten Gebiete will Israel zurückgeben. Und über Jerusalem, so die einhellige Meinung in allen israelischen Parteien, gibt es gar nichts zu verhandeln.

Unter diesen Umständen ist es ehrenwert und überfällig zugleich, daß die EU vermitteln will. Doch Skepsis ist angesagt. Auch die stille Diplomatie Ägyptens und der USA hat bisher wenig gefruchtet. Israels Ministerpräsident Netanjahu ist ein erklärter Gegner des Oslo-Prozesses und will den Friedenskarren an die Wand fahren, ohne daß sein Auto Schrammen davonträgt. Yassir Arafat aber läuft die Zeit davon. Denn die um sich greifende Bitternis ist der beste Garant, um die Reihen von Hamas zu füllen. Der Teufelskreis von palästinensischen Terroranschlägen und israelischen Sicherheitsforderungen aber kann so nicht durchbrochen werden.

Der noch unwahrscheinliche, aber vermutlich einzig mögliche Kompromiß: Die Palästinenser finden sich murrend mit Har Homa ab – Israel erlaubt dafür den längst überfälligen Bau von Hafen, Flughafen und einer Straße zwischen dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen. Der nächste israelische Rückzug im Herbst könnte zudem großzügiger ausfallen als beim letzten Mal. Allerdings ist dies eine Rechnung mit einem Unbekannten: Selbst die israelischen Minister haben die Erfahrung gemacht, daß sie sich auf Netanjahus Wort nicht verlassen können. Georg Baltissen

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