: ETA bekennt den Mord
■ In der baskischen Lokalpolitik bricht der Konsens gegen die Separatisten
Arrigorriaga (taz) – Die baskische Untergrundorganisation ETA hat sich zum Mord an dem Politiker Miguel Angel Blanco vor anderthalb Wochen bekannt. Dies geht aus einer Erklärung der ETA hervor, die gestern in der ihr nahestehenden Zeitung Egin abgedruckt wurde. Die ETA begründete die Tat damit, daß sie von der spanischen Regierung Erleichterungen für ihre inhaftierten Mitglieder erreichen wollte.
Die Ermordung des 29jährigen Stadtrats hatte zahlreiche Kundgebungen ausgelöst, bei denen Millionen von Menschen gegen den Terror der Separatisten demonstrierten. Doch auf der Ebene lokaler Politik im Baskenland zeigt sich, wie brüchig dieser Konsens ist. Ein Beispiel dafür ist die Beerdigung von Juan Carlos Hernando, der wegen Informationsbeschaffung für die ETA zu einer Haftstrafe verurteilt und Sonntag nacht erhängt in seiner Zelle aufgefunden wurde. Hernando wurde gestern in der Kleinstadt Arrigorriaga bei Bilbao beigesetzt.
Auf Anregung der ETA-nahen Partei Herri Batasuna (HB) hatte der Stadtrat am Montag einstimmig beschlossen, den Tag des Begräbnisses zum offiziellen Trauertag zu erklären, die Leiche im Plenarsaal des Rathauses aufzubahren und von der Regierung in Madrid die „sofortige Aufklärung“ des vermutlichen Selbstmordes zu fordern. Im Stadtrat geben acht Mitglieder der bürgerlichen Partei der Baskischen Nationalisten (PNV) und jeweils drei von HB und des sozialistischen Auslegers PSE-EE den Ton an. Bürgermeister Patxi Otxoa (PNV) ist ein Freund von Carlos Hernando, dem Vater des Verstorbenen.
Mit seinem Beschluß widersetzt sich der Stadtrat den Anordnungen des „Paktes von Ajuria Enea“, einem Zusammenschluß der demokratischen baskischen Parteien, der nach der Ermordung von Blanco das Ende jeglicher politischer Zusammenarbeit mit HB verkündet hatte. Bürgermeister Patxi Otxoa verteidigt sich: „Es ist nicht das gleiche, aus der Ferne zu urteilen oder hier zu leiden.“
Auf dem Schweigemarsch am Vorabend des Begräbnisses, der eigentlich auch vom Stadtrat befürwortet worden war, ließen sich dann trotzdem weder der Bürgermeister noch die Stadträte blicken – außer den dreien von HB. Alle sind sie von ihren jeweiligen Parteiführungen in die Mangel genommen worden. Kurz nach dem Beschluß des Stadtrats mußte die örtliche PNV einen Rückzieher machen und sich mit dem „starken emotionalen Druck“ während der Entscheidung rechtfertigen.
„Hier wurde nicht aus Angst entschieden“, sagt hingegen der einzige Stadtrat des Bündnisses Vereinigte Linke, „sondern aus politischer Verantwortung.“ Just an dem Tag, als die Nachricht vom Tod Hernandos Arrigorriaga erreichte, sollten die jährlichen Feiern zu Ehren der Heiligen Maria Magdalena beginnen, und die sollten nicht durch Auseinandersetzungen mit jugendlichen Radikalen getrübt werden. Ciro Krauthausen
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