piwik no script img

■ VorschlagJohn Flynn mit „Sex and the Single...“ im STÜKKE-Theater

Wen auch immer er sich in dieser Bar aufgegabelt hat, man erfährt keinen Namen. John Flynn spricht nur immer von „it“. Es ist ein One-night-Stand, eine hart erkämpfte Errungenschaft für eine Nacht, und dann auch noch sexuell ein enttäuschender Quickie.

Die 24 Stunden im Leben eines Kreuzbergers, von denen der Brite Flynn (seit 1989 Wahlberliner) in seiner nunmehr 21. Soloshow erzählt, beginnen mit der Frustration eines unbefriedigten Singles in der Midlife-crisis. In einem grandiosen pantomimischen Ritual schlüpft er in Schale, rüstet sich zum Eroberungsfeldzug im Nachtleben, probt noch kurz sämtliche Körperhaltungen des lasziven Gigolos bis zum toughen Marlon-Brando-Imitat, um sich dann in der Bar doch wieder schüchtern und verlegen dem Objekt der Begierde zu nähern. John Flynns One-man-Show „Sex and The Single...“ ist eine leichtherzige Groteske über den Mißstand, daß Hirn- und Genitalbereich nicht immer gleicher Meinung sind. Hat sich Flynn in seinen früheren Shows als wendiger Verwandlungskünstler präsentiert, beschränkt er sich nun auf einen Charakter: Er ist der dandyhafte Egozentriker, wortgewandt und very british, nicht nur im Singsang der Stimme, sondern auch in seinem schwarzen Humor.

Mit schnoddrig erzählten Pointen und der Brachialkomik deutscher Comedy hat Flynn wenig gemein. Bei ihm werden Scherze auf literarisch gehobenem Niveau gemacht. Flynn liebt den Slapstick und vor allem die hemmungslose Mimik: Lässig hängt das Haar ins Gesicht, wird mit weit ausholender Geste über den Kopf gestrichen, während so ziemlich jeder Teil seines Körpers ein eigenes Ballett aufführt. Selbst wer nur spärliche Englischkenntnisse mit zur Vorstellung bringt, kann sich allein daran sattsehen. (Ansonsten verrät uns das Programmheft die Übersetzung von so wichtigen Begriffen wie „Tripper“, „Arschbacken“, „supergeil“ und „Nacktschnecke“!)

Nach der Pause zerfleddert das mit Musik von Diana Ross bis Mozart unterlegte Stück ein wenig. Wir wohnen noch schnell einer Messe auf verflossene Liebschaften und einem geheimnisvollen Voodoo-Ritual mit Knochen und Kerzen bei. Warum, fragt sich Flynns tragikomische Gestalt, will man unbedingt sein Bett immer wieder mit einem fremden Menschen teilen? Zumal wenn „it“ sich am nächsten Morgen als esoterischer Plagegeist erweist? Am Ende der 24 Stunden zieht er sich mit denen in seine Hängematte zurück, die ihm keine Probleme machen: seinen Teddys. Axel Schock

Nächste Vorstellungen: 1. bis 4.8., 21 Uhr, STÜKKE-Theater, Hasenheide 54

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen