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Schwarze Ritter der Bühne und Landstraße

■ Das Musical „Black Rider“geht in die letzte Woche / Interview mit Regisseur Knapp über die Tontechnik

Der „Black Rider“geht in die letzte Woche. Das Musical von Robert Wilson, William S. Burroughs und Tom Waits wird noch bis zum Sonntag vom Jungen Theater im Postamt 5 aufgeführt. Eine Verlängerung der Inszenierung ist nicht vorgesehen, weil die Halle nicht länger zur Verfügung steht. Allerdings ist Regisseur Ralf Knapp guter Dinge, im November einen „Return of the Black Rider“im Postamt 5 auf die Torfbühne zu bringen. Die taz nahm den Anfang vom Ende der Musical-Aufführung zum Anlaß mit Knapp über ein Problem zu diskutieren, das die gesamte Inszenierung beinahe gekippt hätte und bis zum Schluß für Schwierigkeiten sorgen wird: Die für eine Theater-Aufführung extrem komplizierte Akustik des Raumes, den Knapp aber unbedingt „haben“wollte.

taz: Der Raum im Postamt 5 ist für eine Musical-Inszenierung ungewöhnlich. Warum dieser Spielort?

Ralf Knapp: Zunächst einmal war klar, daß das Junge Theater an der Friesenstraße für ein Stück dieser Größenordnung schlicht zu klein ist. Bei der Vielzahl der Beteiligten mußten wir eine größere Alternative suchen. Den Raum in der alten Post habe ich im letzten Herbst gesehen. Der erschien mir für den Black Rider sehr reizvoll, weil er dem Stück allein vom Raum her nahekommt.

Was ist das konkret?

Das ist diese serielle Monotonie des Raumes. Die symbolisiert für mich so etwas – ja, wenn es im Stück eigentlich um den Wald als den Ort des Unheils geht, dann geht es bei uns mehr um den Großstadt-Dschungel.

Die Größe der Halle hat doch einige Probleme verursacht?

Das Hauptproblem erhellt sich auf Anhieb. Wenn man nur ein paar Worte in diesem Raum spricht, merkt man, warum das Halle heißt. Da war ein Echo von 4,5 Sekunden im Raum, was es unmöglich machte, auf zwei Meter Entfernung das Stichwort des Partners zu hören. Das mußten wir also noch vor der ersten Probe in den Griff kriegen.

Wie sind Sie der Akustik denn dann zu Leibe gerückt?

Ohne einen echten Akustiker ist das ein Trial-and-Error-Verfahren. Wir haben dann jede Menge Stoffbahnen in dem Raum ausgehängt und haben gemerkt, das funktioniert im Prinzip schon. Allerdings widersprach es ästhetisch dem, was ich mir von dem Gang ins Postamt versprochen habe, weil wir den Raum auf ein Minimum abgegrenzt hatten. Wir haben dann einen Kompromiß gefunden: Auf der einen Seite hängt ganz viel Stoff in dem Raum. Andererseits bleibt die Dimension des Raumes erahnbar.

Erahnbar inwiefern?

Die Bühne ist nicht quadratisch als einfache Spielfläche abgehängt, sondern der Raum öffnet sich nach hinten perspektivisch und geht bis in die jeweils diagonalen Ecken des Raumes, so daß die volle Größe der Halle sichtbar wird.

Jetzt läßt sich das tontechnisch auch umsetzen.

Ja, es ist ein Kompromiß, mit dem das größte Echo erst einmal abgewendet wurde. Der zweite Schritt war dann die Installation der Tonanlage. Das war von Anfang an klar, daß die Schauspieler verstärkt werden müssen. Die Sänger hätten sich niemals gegen die Musik durchsetzen können. Das warf dann aber die üblichen Probleme auf. Die Sänger sollen die Musik hören, die Musiker die Sänger und das Publikum beide. Das durchzusetzen in dieser Halle war außerordentlich schwierig.

Hatten die Schauspieler eigentlich keine Probleme damit, sich mit einem angeklebten Mikro am Ohr im Torf zu wälzen?

Da hatten wir große Angst, da die Technik erst ziemlich spät in die Proben integriert werden konnte. Das ging dann aber doch wider Erwarten reibungslos.

Ohne Verstärkung wäre das Stück nicht zu realisieren gewesen?

Nein! Zumal die die Charaktere von der Intimität der Stimme leben. Das hätte die Stimme nicht überlebt. Und eine extrem teure Musikanlage war nicht zu finanzieren. Die Stoffbahnen haben uns schon an den Rand des Ruins gebracht und die gesamte Inszenierung fast zum Platzen gebracht. Außerdem entspricht diese Lösung der gesamten Philosophie, die hinter der gesamten Inszenierung steckt. Mit minimalem Aufwand ein Musical zu realisieren. Hinzu kommt, daß unser Mixer Stefan Walkau im Lauf der Aufführungen ein hervorragendes Niveau erzielt hat. Das ist aber auch an jedem Abend wieder ein Stück Schwerstarbeit, das jetzt noch eine Woche lang vor ihm liegt. Fragen: Jens Tittmann

The Black Rider, Altes Postamt 5, Mi.-So. 20.30 Uhr, Eintritt: 27 Mark, erm. 17 Mark; ob es über die Aufführung hinaus eine szenische Würdigung des vor einer knappen Woche verstorbenen William S. Burroughs geben wird, war gestern noch nicht klar

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