■ Der Korrespondentenbericht: Sympathische Soldaten: „Meier-Wall“ als Dank
Frankfurt (Oder) (dpa/bb) – Mit 10.000 Männern aus ganz Deutschland kämpft die Bundeswehr um die Deiche entlang des Grenzflusses zwischen Deutschland und Polen. Weit mehr als 350.000 Tonnen Sand wurden den Fluten entgegengestemmt. Sieben Millionen Sandsäcke waren seit Beginn der Flut nötig, zwölf Hubschrauber fliegen oft im Minutentakt neues Material herbei.
„Wenn wir die Bundeswehr nicht hätten, wären wir schon verloren“, zollen viele Menschen in der Hochwasserregion den Soldaten Hochachtung. Deichfachleute, Tiefbauexperten und Politiker sind hocherstaunt über die Leistung der Männer in den grünen Uniformen. Sie schafften es, Deiche zu stabilisieren, die nach Berechnungen von Sachverständigen längst hätten brechen müssen. „Das müssen richtige Haudegen sein, die geben nicht auf“, sagte der Leiter des örtlichen Krisenstabes in Bad Freienwalde, Knut Bauermeister. Die Helfer hatten da gerade mit schier unmenschlichen Anstrengungen und einer gehörigen Portion Mut den Deich bei Hohenwutzen in Schach gehalten. „Ich habe nur eine Priorität“, sagt Generalmajor Hans-Peter von Kirchbach, der Befehlshaber an der Deichfront: „Der Damm muß gehalten werden!“ Mit schweißverklebten Haaren und immer tiefer werdenden Augenringen steht der Offizier, der am vergangenen Sonntag seinen 56. Geburtstag feierte, oft selbst in vorderster Linie. In der wohl gefährlichsten Situation am vergangenen Mittwoch in Hohenwutzen war er zusammen mit Deichfachmann Hartmut Niesche der einzige, der noch auf dem Deich stand, als alle anderen schon die Flucht ergriffen hatten. Ruhig und sachlich erklärt der gebürtige Thüringer, der sonst das Wehrbereichskommando VIII in Neubrandenburg befehligt, wie seine Soldaten und er gegen die Fluten vorgehen. Am Deich selbst wird der Ton aber doch militärischer.
Der Bundeswehr schlägt an der Oder eine Welle der Sympathie entgegen. In der Ziltendorfer Niederung, wo das Militär einen Schutzwall um ein Dorf gebaut hat, wurde ein 650 Meter langer Abschnitt des Bauwerks sogar nach einem dort tätigen Offizier benannt, dem Oberleutnant Lutz Meier. „Meier-Wall“ steht auf einem Schild auf der Krone, das Bürgermeisterin Ute Petzel selbst angebracht hat. Immerhin stammte die Idee zum Dammbau auch von ihm selbst.
„Wir sind gar nicht so froh über diese Begeisterung“, sagt Major Michael Ruess. „Man darf nicht vergessen, daß die anderen Helfer von Feuerwehr, Einheimischen und Technischem Hilfswerk genauso wichtig sind“, betont er. Aber auch er analysiert: „Die Bundeswehr ist einfach am besten auf solche Großeinsätze vorbereitet, wir haben die nötigen Strukturen für so etwas.“ Die Männer werden noch genug Zeit haben, das unter Beweis zu stellen. Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) hat zugesagt, die Bundeswehr auch für die kommenden Aufräumungsarbeiten an der Oder zu lassen. Das wird auch die jungen Brandenburgerinnen freuen, die in den vergangenen Tagen immer häufiger die Distanz zu den Uniformierten überwunden hatten. Michael Donhauser, dpa
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