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Wand und BodenEin blauer Ozean und eine Landschaft, Rot in Rot

■ Kunst in Berlin jetzt: M. K. Kähne/Axel Lischke/Georg Zey, „Parallelen“ – Kunst aus Mazedonien, Horst P. Horst

Am liebsten würde man das Gestänge des Duschvorhangs abheben, den Zahnputzbecher und die Seifenschale aus ihren Halterungen nehmen und die edel auf Mahagoni furnierte Holzkiste zuklappen. Einfach, weil M. K. Kähnes „Koffer: WC-Dusche“ so sorgfältig und präzise gebaut ist. Da hätte man gerne das Vergnügen zu sehen, wie das Abflußrohr des Waschbeckens im ausgesparten Loch der Kofferrückwand versinkt. Das neueste Objekt aus Kähnes Serie „Sanitärmobiliar“ ist das perfekte Rätsel schlechthin: für Kunst viel zu schön und zu praktisch, für den Alltagsgebrauch aber auch zu schön und – trotz technisch einwandfreier Funktion – irgendwie doch unpraktisch. Am Ende bleibt nur übrig: Die WC-Dusche muß das poetisch-kühle Denkmal moderner Badezimmer-Hygiene sein.

Kühl, kalkuliert und wohl koordiniert erscheinen auch die Arbeiten von Georg Zey und Axel Lischke bei Fine Art Rafael Vostell – und gleichzeitig eignet auch ihnen ein verspielter, mit einiger Kunstgeschichte unterfütterter Witz. Lischke sammelt alte Tische, Radios, Stühle, Kehrbesen oder Gummihandschuhe, überzieht sie mit elfenbeinfarbenem oder auch mal blauem Latex und näht sie anschließend in durchsichtiges PVC ein. Das sieht proper aus. Eine glänzende Sache, die zum Benutzen verführt – freilich ohne daß man auspacken möchte. Das verwirrt. Noch so ein schönes Rätsel.

Georg Zey, als Dritter im Bunde der Künstler der zeitgenössischen Plastik, hängt weiche Silikonrechtecke an die Wand: einen blauen Ozean und eine zufällige Landschaft, Rot in Rot gefleckt. Üblicherweise sind es die Höhenlinien eines distinkten geographischen Gebiets, die Zey mit Hilfe des Computers in die unterschiedlichen Stärken des Silikonlappens umformatiert. Das so entstehende Relief ist zur Wand hin verborgen, nach vorne ist es nur als Farbunterschied zu erkennen: Wie das Naturschöne dank kluger Algorithmen in das Kunstschöne überführt wird. Kein Rätsel, trotzdem toll.

Bis 27.9., Mo.–Fr. 11–19, Sa. 11–16 Uhr, Knesebeckstraße 30

Die ifa-Galerie weiht ihr neues Domizil im Haus des Bundespresseamts mit „Parallelen – Kunst aus Mazedonien“ ein. Leicht werden es Barbara Barsch und Ev Fischer in ihren neuen Räumen mit der Kunst nicht haben. Nach einem hohen, lichten Eingangsbereich folgt ein niedriger Schlauch, der schließlich nach rechts abknickt und sich noch ein wenig tiefer gräbt. Hier hat Jovan Sumkovski seine Installation „Über der Oberfläche“ ausgebreitet. Scheinwerfer heben 18 Polyesterscheiben aus dem schwarzen Tuchuntergrund heraus, in die Fotos, Kämme, Glasbruchstücke, Sand und Farbe eingeschmolzen sind. Das erinnert an Bernsteinklumpen, die das Meer an den Strand spült. Die Station davor hält Jvan Balov mit acht Op-artigen Diptychen besetzt. Man erkennt eine achteckige Form, die einmal Schwarz in Schwarz und das andere Mal farbig aneinander gesetzt wird, und zu zwei strengen Leinwandfriesen führt. Diese Oberfläche wirkt so nüchtern, wie die von Sumkovski sakral erscheint.

„Arsenal“, so kurz wie zutreffend hat Slavco Sokolovski seine selbsterklärenden neun Schachteln aus hellem Holz genannt, in denen der negative Tonabdruck von verschiedenen Revolvern und Pistolen eingelassen ist. Die abwesenden Objekte geben der Reihung ihren bösen Sinn. Tome Andzievski macht in der Eingangshalle einen „großen Schritt zurück“, und damit wacht die stark ägyptisierende Plastik einer goldglänzenden Katze über die schwarzweißen Serienfotografien einer Hügellandschaft und einer Meeresbrandung. Das sieht so gefällig aus, wie die Botschaft von Sokolovskis Waffenabdrücken unkompliziert ist. Unspektakulär, gediegen und recht dekorativ repräsentiert die mazedonische Avantgarde der 80er Jahre die Kunst ihres Lands im europäischen Kontext.

Bis 5.10., Di.–So. 14–19 Uhr, Neustädtische Kirchstraße 15

Daß man die Sachen nicht sauberer machen sollte als unbedingt nötig, wußte und weiß ausgerechnet ein Mann, der sich vollkommen der Dekoration verschrieben hat, der Modefotograf Horst P. Horst. Wenn er Lisa Fonssagrives 1940 „on Silk“ fotografiert, dann sieht man sie ihren Fuß auf einen Schemel aus rohem Holz setzen und versteht, daß die Szenerie – trotz der perfekter Lichtregie – ziemlich improvisiert ist. Was wohl auch bei der „Waxed Beauty“ der Fall ist, dem Model im Wachsbadeanzug, das auf einer Art Bettgestell liegt, das mit flüchtig hindrapierten Papierschichten bedeckt ist. Selbst beim berühmten „Mainbocher Corset“ vermutet man, daß die Balustrade auf der die lose geschnürte Blonde sitzt, aus simplem Bauholz bestehen könnte.

Es ist diese lässige Inszenierung der absoluten Künstlichkeit, die vis-à-vis den berühmten und schon so oft gesehenen Fotos bei Camera Work fasziniert. Wie die Tatsache der vielfachen Abzüge von ein und demselben Motiv. Die ganz verschiedenen Formate zeigen in dankenswerter Deutlichkeit, daß die Fotografie nicht Unikat, sondern Reproduktion ist. Besonders schön ist Fonssagrives, wenn sie den Titel „Vogue“ turnt und damit zur Buchstabenfrau eines Erté wird. Hier zeigt sich noch einmal, wovon Horsts Fotografie auch lebt: daß die Mode nicht erotisch ist, sondern nach Klarheit strebt, nicht nach Wollust. Das schrieb Roland Barthes in „Erté oder An den Buchstaben“.

Bis 10.9., Kantstraße 149, Atelierhaus Brigitte Werneburg

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