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Mannheim will seine Subvention von SEL zurück

■ Per Gericht verlangt die Stadt Geld zurück, die sie für den Erhalt von Jobs zahlte

Mannheim (taz) – Der Kampf um das Alcatel-SEL-Werk in Mannheim begann im November 1994. Damals verkündete die Stuttgarter Geschäftsleitung zum ersten Mal ihre Pläne, das Mannheimer Werk schließen zu wollen. Nach monatelangen Protesten der Mitarbeiter, von Politik und Landesregierung rückte der Alcatel- Vorstand von seinem Vorhaben ab. In der „Mannheimer Erklärung“ von 1995 sagten die Konzernchefs feierlich den Erhalt des Werkes bis mindestens Ende 2000 zu. Der Gesinnungswandel mußte teuer aus öffentlichen Kassen bezahlt werden. Doch nun will Alcatel das Werk schließen, seit Mitte vergangener Woche wurden schon 369 der 410 Beschäftigten gekündigt. Stadtregierung und Betriebsrat fühlen sich verschaukelt und klagen. Heute beginnt der Prozeß vor dem Arbeitsgericht um die Rücknahme der Kündigungen, Mitte Oktober prozessiert die Stadt gegen Alcatel in einem bislang einzigartigen Verfahren: Sie will ihre Subventionen zurück.

Die waren hoch: 1994 kaufte die Landeskreditbank Baden-Württemberg für rund 16 Millionen Mark das Alcatel-Grundstück mit 24.000 Quadratmeter Fläche, weil Alcatel nicht alle Flächen nutzen konnte und teuren Leerstand hatte. Zwei Drittel des Areals wurden anschließend von SEL für die Produktion für zehn Jahre zurückgemietet. Die Kosten für Umbauten und Modernisierungsmaßnahmen der übrigen Flächen übernahmen das Land (4 Millionen Mark) und die Stadt (500.000 Mark).

Am 14. Juli 1995 unterschrieben Vertreter der Landesregierung, der Stadt Mannheim, der IG Metall und des Betriebsrates gemeinsam mit der SEL-Leitung darüber feierlich eine als „Mannheimer Erklärung“ hochgelobte Vereinbarung. Die Belegschaft war Zeuge. Der damals verlustreiche Konzern sicherte zu, daß im Gegenzug „künftig bei Alcatel SEL direkt mindestens 410 Beschäftigte tätig sein werden“.

In der Folge half die Stadt Mannheim bei der Akquisition ziviler Aufträge. Der Auftragseingang wuchs 1996 um zehn Prozent auf rund 5,2 Milliarden Mark. Dann, vergangenen April, die Überraschung: Der Standort werde Ende des Jahres geschlossen, so der neue SEL-Chef Roland Mecklinger. Er begründete den Entschluß mit einer nötigen Straffung der Produktion, die Arbeit solle in die Werke in Stuttgart und Pforzheim verlagert werden. Die Vereinbarung von 1995 sei lediglich „eine Absichtserklärung“ gewesen, „gewünscht von der Politik“, aber keineswegs bindend.

Mannheims Oberbürgermeister Gerhard Widder (SPD), die IG Metall und der Betriebsrat gingen daraufhin vor Gericht: Widder will erreichen, daß der Konzern verurteilt wird, „bis mindestens 31. Dezember 2000 einen Betrieb mit mindestens 410 Vollzeitbeschäftigten aufrechtzuerhalten“. Auch Baden-Württembergs Ex-Wirtschaftsminister Spöri ist entsetzt: „Wir gingen davon aus, daß jeder seine Leistung einbringt, sonst hätte ich nicht unterschrieben.“ Sowohl der außergerichtliche Gütetermin (geschätztes Prozeßrisiko für den Konzern mindestens 100 Millionen Mark) als auch die Proteste der Kleinaktionäre zum Imageverlust und die Verhandlungen zum Interessensausgleich endeten ohne Ergebnis.

Auch der Versuch der Mitarbeiter des Bereichs Navigationstechnik, ihre Produktionssparte als „Management buy-out“ selbst zu übernehmen, wurde abgelehnt. Selbst volle Auftragsbücher sind offenbar kein Hinderungsgrund, den eingeschlagenen aggressiven Kurs weiterzufahren. Judith Burkart

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