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Singapurs Regenmacher ohne Chance

300.000 Hektar Wald sind im Norden Indonesiens abgebrannt. In Singapur und Malaysia leiden deshalb 20 Millionen Menschen unter Dauersmog. Schulen und Flughäfen geschlossen  ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch

Wenn die Malaysierin Salimah Nur mittags aus dem Fenster blickt, sieht sie grau. Die Bürogebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite verschwinden im Smog. Passanten halten sich Taschentücher vor die Nase. In Kuala Lumpur wie in weiten Teilen Südostasiens herrscht seit Wochen dicke Luft. Ein steter Südostwind bläst den Rauch riesiger Waldbrände aus Indonesien über den sonst so blitzsauberen Stadtstaat Singapur und nach Malaysia.

Über 20 Millionen Menschen sind mittlerweile betroffen. Die Folge: „Alle klagen über Halsschmerzen“, sagt Salimah Nur. In den Krankenhäusern drängen sich PatientInnen mit tränenden Augen und Atemnot. Viele Sportveranstaltungen im Freien fallen aus. Die Gesundheitsämter haben die Eltern aufgefordert, ihre Kinder im Haus zu halten. Auf der Insel Borneo appellierten Lehrer an die Behörden, die Sommerferien zum Schutz der Schüler zu verlängern.

Malaysia hat den „Dunst“, wie der Smog offiziell genannt wird, zur nationalen Katastrophe erklärt. Am Sonntag erreichte die Luftverschmutzung in der ohnehin von Autoabgasen und Industrie- emissionen geplagten Hauptstadt einen neuen Rekord. Das Radio verkündet nun stündlich Smogmeldungen. Weil die Piloten nicht mehr genug sehen können, blieben in den letzten Tagen zahlreiche Flugzeuge am Boden. Auf dem indonesischen Provinzflughafen von Jambi konnte bereits seit zwei Wochen keine Maschine mehr starten oder landen.

Auch der Schiffsverkehr zwischen den indonesischen Inseln und in der vielbefahrenen Straße von Malakka ist beeinträchtigt. Metereologen der Region haben in den letzten Tagen versucht, künstlichen Regen zu erzeugen. Flugzeuge sprühten Salzlösung in die Wolken – doch eine Erleichterung gab es kaum.

Denn die Brände gehen weiter. Riesige Waldflächen auf den indonesischen Inseln Sumatra, Kalimantan und Java stehen in Flammen. Mindestens 300.000 Hektar sind seit Anfang dieses Jahres vernichtet worden, hat der indonesische Umweltminister Sarwono Kusumaatmadja kürzlich erklärt.

Die meisten Brände sind absichtlich gelegt. Verantwortlich sind vor allem Plantagenbesitzer und Holzfirmen, die das Unterholz abflämmen, klagte der Minister. Bislang ist aber noch niemand bestraft worden. Für die Bauern ist die Brandrodung traditionell die billigste Methode, ihre Felder zu düngen.

Heute sind die Folgen dramatischer als früher, als die Wälder Kalimantans nur sehr dünn besiedelt waren. Denn mit Hilfe der Regierung haben sich in den letzten Jahren Zehntausende Zuwanderer von anderen Inseln hier niedergelassen, die sich mit dem empfindlichen Waldboden weniger auskennen.

Verstärkt wird das Problem in diesem Jahr durch die außergewöhnlich lang anhaltende Trockenperiode in der Region. „Die Luft wird noch schlechter“, prophezeite der indonesische Umweltminister. Gemeinsam mit seinen Kollegen aus den Asean-Staaten wird er ab heute in Manado auf der Insel Sumatra darüber diskutieren, wie dem Smog beizukommen ist. Die Bewohner von Kuala Lumpur müssen möglicherweise bis November warten, um wieder blauen Himmel zu sehen: Dann drehen sich die Winde nach Nordost, und der Rauch zieht über das Meer.

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