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Anschlag in Ägypten: Racheakt für Todesurteile?

■ Das Attentat auf einen Touristenbus, bei dem zehn Menschen starben, folgte wenige Tage nach einem Pozeß gegen 72 Mitglieder eines islamistischen Gruppe

Kairo (taz) – Obwohl sich für den Anschlag auf einen Bus, bei dem gestern neun deutsche Touristen getötet wurde, bisher niemand die Verantwortung erklärt hat, wird vermutet, daß die Gama'a Islamiya, die sogenannten islamischen Gruppen, hinter dem Anschlag stecken.

Das Attentat könnte eine Reaktion der Gruppe auf einen erst vor vier Tagen beendeten Militärgerichtsprozeß sein. In einem spektakulären Massenprozeß wurde 72 Mitglieder der Gruppe abgeurteilt. Vier von ihnen erhielten die Todesstrafe, acht weitere waren zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt worden. Der Rest erhielt Gefängnisstrafen zwischen einem und 23 Jahren. Alle wurden in Verbindung mit Anschlägen verurteilt, die die militante Gruppe vor drei Jahren unternommen hat. Unter anderem wird der Gruppe der Mord an einem hohen Offizier und Anschläge auf neun Banken und drei Reisebüros in diesem Zeitraum vorgeworfen.

Zu Beginn des Prozesses hatten mehrere führende Mitglieder der Gruppe der Regierung aus dem Gefängnis heraus einen Waffenstillstand angeboten. Das Angebot wurde aber anschließend sowohl von der Führung der Gruppe im Exil als auch vom ägyptischen Innenminister abgelehnt. Das Regime wolle nur den Eindruck erwecken, daß wir aufgegeben haben. Die Gamma'a würden fortfahren, das Regime zu stellen, hieß es in einer Erklärung der Exilführung. Der Innenminister seinerseits sprach von einem durchsichtigen Manöver, um im Massenprozeß mildere Urteile zu erlangen.

Nach einer Serie von Anschläge auf Touristen in den letzten fünf Jahren, bei den 26 Touristen umgekommen waren, war dieses Jahr ruhig verlaufen. Der bislang Anschlag auf Touristen fand im April 1996 statt, als 15 griechische Touristen vor ihrem Hotel in Kairo niedergeschossen worden waren. Die Tourismusindustrie betonte in den letzten Monaten immer wieder, daß Miami oder New York wesentlich gefährlichere Urlaubsorte als Ägypten darstellen. Tourismus ist für Ägypten eine wichtige Einnahmequelle. Allein eine halbe Million deutscher Touristen besuchten letztes Jahr das Land.

Seit dem Beginn des Kleinkrieges zwischen ägyptischer Regierung und den militanten Islamisten sind dem Konflikt schätzungsweise 1.400 Menschen zum Opfer gefallen, darunter meist Islamisten und Polizisten, aber auch zahlreiche christliche Kopten. In den letzten Jahren gelang es der Regierung allerdings, den Konflikt zunehmend auf wenige Gebiete im südlichen Oberägypten zu begrenzen. Die Hauptstadt Kairo war seit letztem Jahr von dem Konflikt verschont geblieben. Karim El-Gawhary

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