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Chip im Ohr gegen Rinderwahn

■ Erzeugergenossenschaft garantiert BSE-freies Fleisch

Köln (taz) – Die grüne Umweltministerin Bärbel Höhn will den „BSE-Sumpf trockenlegen“. Der Viehzüchter Jürgen Schulte aus Olpe weiß, daß das zu organisieren ist, wenn man nur will: „Was die Ministerin jetzt wieder angekündigt hat, machen wir hier im Bergischen Land schon seit einem halben Jahr.“ Der aufgebrachte Viehzüchter hat mit 40 gleichgesinnten Bauern aus dem Kreis Olpe, die Vierwirtschaft betreiben, die Erzeugergenossenschaft „Bergweide Sauerland“ gegründet. Das Ziel ist in der Satzung klar vorgegeben: Artgerechte und unter ökologischem Standard erfolgte Erzeugung von „Rindfleisch der Extraklasse“. Die Vermarktung soll ausschließlich in der Region erfolgen.

„Wir garantieren 100 Prozent BSE-freies Rindfleisch“, sagt Jürgen Schulte. Und das funktioniert so: Zunächst unterliegen die Höfe strengen ökologischen Auflagen. Auf den Futterflächen dürfen keine chemisch-synthetischen Stickstoffdüngemittel verwendet werden. Chemischer Pflanzenschutz ist ebenso tabu, wie der vorbeugende Einsatz von Medikamenten und Leistungsförderern. „Wer dopt, fliegt raus“, erklärt Schulte. Rund 600 Rinder zählt die Genossenschaft zur Zeit. Das wichtigste: Für alle ist die inländische Herkunft über mehrere Generationen nachweisbar. Die Genossen im Kreis Olpe wollen dem Verbraucher vor allem Transparenz und Sicherheit geben. Lange haben Schulte und Heer gebrütet, sich informiert und sind dann in Holland fündig geworden. Elektronische Chips im Kuhstall, heißt die Lösung. Jedes Kalb bekommt nach der Geburt neben der amtlichen Kennmarke einen elektronisch lesbaren Chip ins Ohr gesteckt. Auf dem Chip ist eine Zahlenkombination eingespeichert. Werden die Rinder geschlachtet, so notieren sich die Bauern die Zahlenkombination vor dem Abtransport zum Schlachthof. Nach der Schlachtung bleiben die Ohren mit dem Chip am Tierkörper. Neben dem Veterinärmediziner tauchen die Landwirte mit ihren elektronischen Meßgeräten auf.„Wir lassen unsere Rinder nicht aus den Augen“, sagt Jürgen Schulte. Geschlachtet wird auf dem kleinen Gelände der Schlachterei Winkelmeyer, nahe bei Lennestadt. „Wir sorgen so dafür, daß unsere Tiere nicht weiter als 20 Kilometer transportiert werden müssen“, sagt Jürgen Schulte.

Michael Laarmann ist Chefkoch im familieneigenen Hotel. Der BSE-Skandal hat auch seine Rezepturen ordentlich aufgemischt. Fisch statt Fleisch wünschten seine Gäste monatelang. Seitdem er die Öko-Filets von Schulte und Genossen auf der Speisekarte anpreist, klingelt bei ihm auch wieder die Kasse rund um den Steakverzehr. Michael Franken

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