Grüne: Vertrag ist sittenwidrig

■ Schreyer bezeichnet Verkauf an Schockemöhle als Verschleuderung von Landeseigentum. Klausel gestattet Weiterverkauf von jährlich 5.000 Quadratmetern ohne Gewinnabgabe

Der Kaufvertrag mit dem ehemaligen Turnierreiter Alwin Schockemöhle kommt nach Ansicht der grünen Finanzexpertin Michaele Schreyer einem „Schenkungsvertrag“ nahe. Der Vertrag sei wegen der einseitigen Begünstigung Schockemöhles sittenwidrig. Sie forderte Finanzsenatorin Fugmann-Heesing (SPD) auf, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen den Vertrag anzugehen.

Die Linie der Finanzsenatorin, daß ihre Verwaltung beim Verfahren Fehler gemacht habe, der Vertrag aber nicht zu beanstanden sei, lasse sich nicht halten, stellte Schreyer fest. Sie kritisierte vor allem, daß die Wertsteigerungsklausel, die dem Land Berlin eine Beteiligung am Wertzuwachs sichern soll, „ins Leere laufe“. Denn Schockemöhle dürfe jährlich 5.000 qm Land verkaufen, ohne daß ein Teil des Gewinns an das Land gehe. Dies entspreche einer zusätzlichen, jährlichen Rendite von einer halben Million Mark. Das Land gehe laut Vertrag auch leer aus, wenn Schockemöhle Grundstücke an Mitarbeiter oder an die öffentliche Hand verkaufe. Schreyer: „So eine Klausel habe ich in all den Jahren noch nie gesehen.“ Hier werde öffentliches Vermögen zum Schleuderpreis veräußert. Sie forderte den Bund der Steuerzahler auf, gegen den Vertrag zu klagen.

Über das Motiv, warum ein so begünstigender Abschluß zustande kam, wollte Schreyer nicht spekulieren. Unerklärlich sei vor allem, daß das Angebot Schockemöhles, im Fall der Umwandlung von Acker- in Bauland 200 Mark pro Quadratmeter nachzuzahlen, nicht angenommen worden sei.

Der grüne Abgeordnete Burkhard Müller-Schoenau wies auf weitere offene Fragen hin, die die Finanzsenatorin bei der nächsten Sitzung des Vermögensausschusses beantworten solle. So mußte die Bewertungsstelle der Senatsbauverwaltung am 5. September, also acht Tage nach Vertragsunterzeichnung, den Wert des Grundstücks bestimmen, ohne daß ihr der komplette Vertrag vorlag. Zu klären sei auch, ob mit dem vorerst gestoppten Verkauf des benachbarten Gutshofs an die Deutsche Immobilien Gesellschaft (DIG) des Musical-Tycoons Rolf Deyhle ein Koppelgeschäft vorliege, das wertsteigernd wirke. Die DIG plant dort einen Golfplatz. Nach einer von Fugmann-Heesing vorgelegten Chronologie hatte Finanzstaatssekretär Peter Kurth (CDU) bereits am 10. Januar entschieden, daß Deyle und Schockemöhle zum Zuge kommen sollten.

Bis Ende nächster Woche, wenn die Finanzsenatorin aus dem Urlaub zurückkommt, dürfen die Mitarbeiter der Abteilung Liegenschaften keine Grundstücksgeschäfte tätigen. Dorothee Winden