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BundesligaKommen, schlafen – Tor

■ Der iranische Stürmer Ali Daei hat sich bei Arminia Bielefeld unabkömmlich gemacht

Bielefeld (taz) – Nach den Heimspielen seines Klubs Arminia Bielefeld plagt Ali Daei sich selten lange mit der Interview-Prozedur. Ohne seine Dolmetscherin legt der Iraner in englischer Sprache vor allem Wert auf Kurzantworten – keine kuriosen Beobachtungen, keine tiefgründigen Erkenntnisse, nur selten läßt er seinen Humor aufblitzen. Dabei ist der bescheidene Daei dieser Tage der gefeierte Mann in Bielefeld. Das liegt nicht nur an der Ansehnlichkeit seines sonntäglichen Tores (89.) beim 3:1 gegen Mönchengladbach.

Alles wäre wunderbar, gäbe es nicht ein Problem: Da der Iran derzeit in einem Zwei-Monate-Gruppenspiel-Programm um die WM-Qualifikation kämpft, ist Ali Daei für seinen Arbeitgeber bis Mitte November nur verfügbar, wenn sein Verband ihm die Abkömmlichkeit bescheinigt.

Der Arminen-Manager Rüdiger Lamm kennt inzwischen die Flugrouten in den Iran besser als so manche nationale Strecke. Wenn immer sich die Gelegenheit bietet, fliegt er als Mischung aus Chef-Unterhändler und Kindermädchen nach Teheran, um Daei und dessen Landsmann und Bielefelder Teamkollegen Karim Bagheri von dort zum Arbeitsplatz zu geleiten.

Einmal scheiterte Lamms Einsatz in letzter Sekunde an iranischem Widerstand, gegen Dortmund reüssierte er auf ganzer Linie, gegen Mönchengladbach hälftig, als er die Iraner, die derzeit ihre Qualifikations- Gruppe mit vier Punkten Vorsprung anführen, zu dem Kompromiß breitschlug, wenigstens Daei, den Stammspieler, freizustellen, Bagheri hingegen dazubehalten. „Ali hat es sich im Auto auf der Rückbank richtig gemütlich gemacht“, durfte Lamm auf der Rücktour beobachten, „und geschlafen wie ein Murmeltier.“ Der Trainer Middendorp führt die Streßbereitschaft seines Angreifers auf dessen Mentalität und Willensstärke zurück. „Für ihn ist es ganz normal, daß er rüberkommt, schläft und die nächste Partie spielt.“

Der weitgereiste Stürmer beschäftigte die Gladbacher Defensivstrategen Klinkert und Andersson dermaßen, daß Middendorp sich gar zu der Vermutung hinreißen ließ, „mit Ali, durchgängig für Arminia agierend, hätten wir mindestens vier Punkte mehr“.

Der gepriesene Daei ist ständig in Bewegung, 1,89 Meter groß, kopfballstark und dennoch mit den Füßen beim Fußball auch noch zu ganz anderen Dingen als der bloßen Fortbewegung fähig. Damit hilft er dem Bielefelder Spiel, die Abwesenheit eines wahren Spielgestalters zu kompensieren. Werden die Bälle nämlich nicht in netten Kurzpaßstafetten nach vorne getragen, befleißigen sich die Bielefelder bei ihrem Konterspiel zuweilen einer Kick- and-rush-Variante, bei der, wie in Kaiserslautern, das Leder postwendend retourniert wird, wenn kein eigener Stürmer seinen Besitz erringt.

Inzwischen weilt Daei längst wieder in Teheran, um sich auf das Spiel am Freitag gegen Saudi-Arabien vorzubereiten. Die Bielefelder hoffen, daß er danach in Wolfsburg einmal auswärts mithelfen kann. „Vielleicht“, fürchtet Middendorp inzwischen, „müssen wir Tribut zahlen, wenn er aus der Tortur rauskommt.“ Der Stürmer schafft auf seine Weise die Voraussetzungen, künftig überall sein Können beweisen zu dürfen. Den Reisepaß trägt er stets am Mann. Jörg Winterfeldt

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