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Joschka Fischer: Rot-Grün gibt's nur bei Nato-Treue

■ Der Fraktionschef der Bündnisgrünen fordert im taz-Interview Korrekturen am Wahlprogramm: Einen Benzinpreis von 5 Mark und Treue zu deutschen Nato-Verträgen

Berlin (taz) – In ungewohnter Weise, als Verteidiger fundamentaler Prinzipien der Grünen, greift Joschka Fischer in die Diskussion seiner Partei ums Wahlprogramm ein. Er habe bislang immer tapfer für einen Benzinpreis von fünf Mark gestritten, und das solle auch so bleiben, erklärt der Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Interview mit der taz. In gewohnter Weise, als realpolitischer Stratege, geißelt er zugleich die sicherheitspolitischen Positionen des Programmentwurfs, den der Bundesvorstand vor zwei Wochen vorstellte. Wenn die Grünen nicht bereit seien, „als Regierungspartei zu den vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nach Geist und Buchstaben zu stehen – und dazu gehört auch die Nato –, dann sollten wir das Regieren besser lassen.“

Fischer wandte sich gegen eine Auflösung der Nato, wie sie der Programmentwurf fordert. Noch letzte Woche hatte der Bundestagsabgeordnete Ludger Volmer betont, daß trotz aller Kritik es „mit Sicherheit eine ähnliche Formulierung geben wird“. Fischer warnt vor einer solchen „falschen Politik“, „die beste Bestandsgarantie für die Nato“ sei. Er geht auch davon aus, daß es zu friedenserzwingenden Militäreinsätzen in Bosnien „keine Alternative“ gebe. Im Programm werden Kampfeinsätze abgelehnt.

Mit der Grünen-Forderung nach fünf Mark für den Liter Benzin will Fischer „einen kräftigen Kontrapunkt“ gegen den potentiellen Spitzenkandidaten der SPD, Gerhard Schröder, setzen, dem bereits zwanzig Pfennig mehr zuviel seien. In ersten Stellungnahmen zum Programm war fälschlicherweise davon geredet worden, daß die Grünen den Benzinpreis bis 2005 nur noch auf 4,30 Mark erhöhen wollten. Doch hatte bereits diese Summe beträchtliche Vorbehalte in und außerhalb der Partei ausgelöst. Deshalb hatten Verkehrspolitiker der Partei sogar erwogen, auf die Nennung einer festen Zahl im Wahlprogramm zu verzichten. Diesem Vorgehen erteilt Fischer eine Absage. Die Grünen „wollen langfristig eine kräftige Preiserhöhung“, unter anderem, um die Senkung der Lohnnebenkosten zu finanzieren. Eine Verwendung des Ökosteueraufkommens zur aktiven Arbeitsmarktpolitik, wie im Programm gefordert, lehnt der Fraktionsvorsitzende ab.

Am Dienstag haben Vertreter des linken und des realpolitischen Lagers über das Programm beraten. Während sich beim Benzinpreis eine Einigung abzeichnet, bleibt die Sicherheitspolitik umstritten. Dieter Rulff Interview Seite 7

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